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Servicepolitik

Die Servicepolitik oder Kundendienstpolitik ist neben der Konditionenpolitik ein wichtiges Mittel der Präferenzpolitik der Unternehmung. Zum Kundendienst gehören unter anderem das Informieren, Schulen, Warten, Überprüfen, Reparieren. Ob und inwieweit für diese Leistungen auch Kundendienstpreise verlangt werden, hängt von der Stärke des Wettbewerbes ab. Je größer der Preiswettbewerb ist, desto größer wird im allgemeinen der Umfang des Kundendienstes sein.

Die Austauschbarkeit von Produkten in ge­sättigten Märkten steigt. Die Komplexität von Angeboten (Trend zu Systemangebo­ten) nimmt zu: Dementsprechend werden Dienstleistungen als Angebotsbestandteil zur Differenzierung und Individualisierung im Rahmen der Formulierung von Marke­tingstrategien (präferenzbildende Maßnah­me) und bei der Ausgestaltung des Marketing immer wichtiger (Differenzierungsstrate­gie, Präferenzpohtik). Wegen der hohen Komplexität und Erklä­rungsbedürftigkeit vieler technischer Güter erschließen oft erst Neben- bzw. Zusatzlei­stungen die Nutzung für den Verbraucher (z. B. EDV-Branche). In gesättigten Märkten werden über die gesetzlichen Vorschriften hinaus auch zunehmend mehr freiwillige Garantieleistungen als Marketinginstrument eingesetzt (z.B. Automobil-Branche). Insb. im Gebrauchsgüterbereich ist der Kunden­dienst eine wichtige Basis für Kundenzufrie­denheit und -vertrauen und ausschlaggeben­der Faktor für Kundentreue. Produktbegleitende Dienstleistungen, die hier gleichgesetzt werden mit produktdiffe­renzierenden bzw. funktionellen Dienstlei­stungen, sind Dienstleistungen zur Ergän­zung des Produktangebotes durch freiwillige und unfreiwillige (obligatorische), selbstän­dige oder unselbständige Dienstleistungen (Primär- oder Sekundärleistungen), die von Produktanbietern (bzw. -nachfragern) zur Erhöhung des Produktnutzens für einen oder mehrere Produktnachfrager (bzw. - an- bieter) angeboten werden. Service-, Kunden­dienst- und Garantieleistungen sind spezielle Erscheinungsformen produktbegleitender Dienstleistungen. Die Unterscheidung zwischen freiwilligen und unfreiwilligen sowie selbständigen und unselbständigen Dienstleistungen weist auf wichtige Differenzierungen hin. Unfrei­willige Dienstleistungen sind obligatorische Dienstleistungen (Muß-Leistungen), die un­trennbar und unmittelbar mit dem Erwerb ei­nes Objektes verbunden sind, z.B. die Erst­inspektion als Garantieleistung oder der Ersatzdienst.FreiwilligeDienstleistungen (Soll- und Kann-Leistungen) können neben dem Kernangebot angeboten werden, z.B. Kundenschulung, Kulanzleistungen. Zwi­schen Produkt und der zur Differenzierung gewährten Dienstleistung besteht vielfach eine komplementäre Verbundenheit. Einer­seits würde das Produkt nicht oder nur begrenzt nachgefragt, wenn bestimmte Dienstleistungen nicht angeboten werden, wie Produktberatung, betriebswirtschaftli­che Abnehmerberatung, technische Kunden­dienste. Andererseitskanndie Dienstleistung oft nur angeboten und nachgefragt werden, wenn das Objekt nachgefragt wurde, zum Beipiel Recycling, Wartung, Reparatur. Werden Dienstleistungen unabhängig vom Kauf einer Hauptleistung angeboten und können getrennt von der Hauptleistung nachgefragt werden, so spricht man von selb­ständigen Dienstleistungen. In jüngster Zeit werden technische Kundendienstleistungen bspw. immer öfter von herstellerunabhängi­gen Unternehmen erbracht (Trend zur Ver­selbständigung von produktdifferenzieren­den Dienstleistungen). Produktbegleitende Dienstleistungen stellen einen integrativen Bestandteil des Marketing dar. Dies bedeutet, dass sie integrativer Be­standteil jeder Marketing-Strategie, -maß- nahme und jeden Marketing-Instruments sein können. Sie sind damit weder ein eigen­ständiges Marketing-Instrument, noch kön­nen sie einer Marketingfunktion ausschließ­lich zugeordnet werden. Als integrativer Bestandteil von programmpolitischen Ent­scheidungen sind sie mit den anderen Ange­botsbestandteilen strategisch bzw. situa­tionsbezogen zu kombinieren und sollten in allen daraus abgeleiteten Marketingmaßnah­men (Gestaltung des Marketing-Mix) be­rücksichtigt werden. Nutzen Die Nutzensteigerung, die durch produkt- differenzierendeDienstleistungenerreichba.r ist, kann zwei Ziele verfolgen: erstens das Abheben des eigenen Produktangebotes von Konkurrenzangeboten mit Hilfe von Dienstleistungen und zweitens das Abheben innerhalb des eigenen Produktangebotes mit Hilfe eines gezielten Dienstleistungsangebo­tes für besondere Produkte und Kunden. Aus dem für Dienstleistungen kennzeich­nenden Direktkontakt zwischen Dienstlei­stungsanbieter und -nachfrager resultiert ei­ne direkte Adressierbarkeit. Damit ist eine auf den einzelnen Nachfrager beziehbare in­dividuelle und gezielte Gestaltung möglich. Uber den Direktkontakt und die damit ver­bundene unmittelbare Rückkopplung wird ihre spezifische Wirkung als differenzieren­de Maßnahme meß- und kontrollierbar. Die Dienstleistung kann damit eine wichtige In­dividualisierungsfunktionübernehmen. Der direkte und oft zeitlich wie inhaltlich in­tensive Kontakt mit den Nachfragern bei der Dienstleistungserbringung bedeutet für den Produktanbieter eine ständige Aktualisie­rung seines Informationsniveaus. Dies er­höht seine Markt- und Problemnähe und be­wirkt über einen Informationsvorsprung mögliche Innovations- und Anwendungs- qualitätsvorteile. Dienstleistungen haben demnach eine gewisse Sensorfunktion. Produktdifferenzierende Dienstleistungen ermöglichen in zweifacher Hinsicht ein star­kes Abkoppeln von Preiswettbewerb zwi­schen den Anbietern. Zum einen dadurch, dass man mit zusätzlichen Dienstleistungen der Homogenisierung von konkurrierenden Angeboten entgegenwirkt. Zum anderen da­durch, dass sich über Dienstleistungen, die getrennt honoriert werden, Erlöseinbußen bei niedrigen Produktpreisen ausgleichen lassen, weil das Preisbewusstsein bei Dienst­leistungen i. a. vergleichsweise gering und der Preisvergleich bei Dienstleistungen für den Nachfrager nicht so leicht möglich bzw. zu­mindest erschwert ist (Zusatzkostenbewusstsein, Preislinienpolitik). Darüber hinaus erhöht die separate Abgeltung von Dienstleistungen den preispolitischen Handlungsspielraum. Dienstleistungen ha­ben damit sowohl eine Preisabkoppelungs- als auch Preisausgleichsfunktion. Aber auch für den Nachfrager beinhalten produktdifferenzierende Dienstleistungen eine Reihe von Nutzenvorteilen. Sie bewir­ken eine umfassendere sachgerechte Pro­blemlösung des Produktanbieters sowohl hinsichtlich der Breite und Tiefe der Pro­blemlösung als auch hinsichtlich einer auf Dauer angelegten langfristigen Problem­lösung. Eine Problemlösung des „Alles aus einer Hand“ bedeutet für den Nachfrager weniger Koordinations-, Zeit- und Personal­aufwand, womit neben Bequemlichkeits­aspekten auch Kosteneinsparungen verbun­den sein können. Für die Marktbeteiligten wird mit dem Erhöhen des Gesamtangebot­umfanges die Verhandlungsstrategie bzw. -taktik hinsichtlich der Gestaltung der ein­zelnen Leistungen flexibler. Arten Allgemein können produktdifferenzierende Dienstleistungen nach vier Kategorien diffe­renziert werden: Dienstleistungen an eigenen Produkten: Produktgerichtete, direkt differenzierende Dienstleistungen (z.B. Reparatur, Trans­port, Montage) Dienstleistungen an Fremdprodukten: Fremdproduktgerichtcte, indirekt differen­zierende Dienstleistungen (z. B. Reparatur und Entsorgung von Konkurrenzproduk­ten) Produktbezogene Dienstleistungen am Beschaffer/Verwender: Subjektgerichtete, direkt differenzierende Dienstleistungen (z. B. Projektstudien, Produktschulung, -beratung) Unternehmensbezogene Dienstleistun­gen am Beschaffer/Verwender: Subjektge­richtete, indirekt differenzierende Dienstlei­stungen (z.B. Absatzhilfen, Management­schulung) Speziell für das Investitionsgütermarke­ting hat Forschner (1989, S. 70 ff) einen aus­führlichen Katalog solcher Dienstleistungen zusammengestellt (vgl. Abb. 1). Wichtige Entscheidungen Beim Einsatz produktdifferenzierender Dienstleistungen stehen drei Entscheidun­gen und Aufgaben im Mittelpunkt: Gestaltung des produkt differenzierender Dienstleistungen und Festle­gung der Empfänger, Organisation und Gestaltung des Ablaufes der Erstellung der ausgewählten Dienst­leistungen und Festsetzung der Preise für diese Dienstlei­stungen ad
1. : Bei der Gestaltungdes Dienstleistungs- programmes und bei der Festlegung der Dienstleistungsempfänger sind folgende Überlegungen anzustellen: Die Heterogeni­tät der Wünsche und Ziele der Anbieter und Nachfrager sowie die Spannweite der Pro­dukte, die mit Dienstleistungen differenziert werden können, bewirken, dass ein vollstän­diges Dienstleistungsprogramm aus allen möglichen Dienstleistungen weder angebo- ten werden kann, muß, noch nachgefragt wird. Es ist deshalb in einem mindestens zweistufigen Entscheidungsprozeß auf An­bieterseite festzulegen, welche produktdiffe­renzierenden Dienstleistungen überhaupt angeboten werden sollen und welche beson­deren Dienstleistungen aus diesem Pro­gramm welchen Nachfragern bzw. Nachfra­gergruppen zur Differenzierung welcher Produkte angeboten werden sollen. Die Entscheidungen zur ersten Fragestel­lung beinhalten v.a. die Festlegung des Dienstleistungsprogrammes nach Umfang und Intensität. Abhängig von den besonde­ren Zielsetzungen ist ein sukzessiver Aufbau und Ausbau des Dienstleistungsprogram­mes vorzuziehen. Die für viele Dienst­leistungen aufgrund ihrer Individualität systemimmanenten Programmvariationen zeitlicher, örtlicher, quantitativer und quali­tativer Art sind hinsichtlich ihres Umfanges und ihrer jeweiligen Variationsspielräume festzulegen. Das gleiche gilt in der zweiten Stufe auch für jede einzelne Dienstleistung. Darüber hinaus sind die Marketing-Wirkun­gen im Rahmen der Erstellungsprozesse der einzelnen Dienstleistungen zu beachten. Das richtige Auftreten und Verhalten des „Dienstleistungs-Personals“ und die Steue­rung des Kundenverhaltens stehen dabei im Vordergrund. Daneben sind die jeweiligen Angebots- bzw. Leistungszeiten und Ange­bots- bzw. Leistungsorte festZulfigCfi. Mög­liche Automatisierungs- und Standar­disierungsalternativen für bestimmte Dienstleistungen sind zu diskutieren und ggf. anzuwenden. Das schwierige Problem auf dieser zweiten Stufe ist die Entscheidung über das selektive Angebot des Dienst­leistungsprogramms gegenüber bestimm­ten Kunden. Dabei wird in der Praxis nach einem Basis-Dienstleistungsprogramm (mit Dienstleistungen wie Produkt-Verkaufsberatung, Reparatur und Wartung) für alle Nachfrager und besonderen Dienstlei- stungs-Zusatzprogrammen für bestimmte Kunden (wie Neukunden, Stammkunden, Großkunden) differenziert. Die Auswahl der Dienstleistungen kann dabei nach ihren angestrebten Wirkungen erfolgen. Die o. g. vier Kategorien von produktdifferenzierenden Dienstleistungen haben spezifische Wirkungen (vgl. Abb. 2). Im konkreten Entscheidungsfall wird die Entscheidung, welche Dienstleistungen als integraler Bestandteil des Kern- oder Zusatz­programms (selektiv für bestimmte Kunden oder Produkte) ausgewählt werden, von ei­ner Reihe unternehmensexterner und - inter­ner Einflußgrößen abhängen. Im wesentli­chen sind dies: Absatzzielsetzung (z.B. Marktanteil er­höhen oder halten), Kundenarten (Klein- oder Großkunden; Neu- oder Stammkunden; private oder gewerbliche Kunden), Rechtsvorschriften (z.B. Pflicht zur Er­satzteilversorgung, Garantieleistungen, Zugabeverordnung), Phasen des Absatzprozesses (z.B. im In­formations- oder Abschlußstadium), Kapazitative Ausstattung (quantitative und qualitative Ausstattung des Anbie­ters), Konkurrenzsituation (olipolistische oder polypolistische Konkurrenz), zeitliche Einsetzbarkeit (sofort, kurzfri­stig einsetzbar oder längere Aufbauphase), Art der Einsetzbarkeit (kollektiv oder in­dividuelle Einsetzbarkeit), Zeitpunkt der Nutzenstiftung (Sofort­oder Langfristnutzen) und Meßbarkeit und Dosierbarkeit des Nut­zens (quantifizierbarer oder qualifizierba­rer Nutzen). Für den Bereich des Kundendienstes haben Ahlert/Schröder (1989, S. 164) die relevanten Rechtsvorschriften, die bei der Auswahl und Gestaltung von Kundendienstmaßnahmen zu beachten sind, zusammengestellt. ad
2. : Organisation der Leistungserstellung: Die Organisation und Gestaltung des Ablau­fes der Dienstleistungserstellung besteht aus zwei aufeinander aufbauenden und mitein­ander verflochtenen T eilen. Die erste Teilaufgabe umfaßt Entscheidun­gen über die T räger (Anbieter) der Dienstlei­stungen, die Verteilung der Aufgaben auf die Träger und die Zahl, Größe, Ausstattung und den Standort der eingeschalteten Lei­stungsträger. Die zweite Teilaufgabe, das Gestalten des Ablaufes der Dienstleistungserstellung, bestimmt weitgehend die Qualität der produktdifferenzierenden Dienstleistungen, wie sie der Kunde erlebt. Dabei geht es ne­ben der rein „technischen“ bzw. „funktio­nalen“ Erstellung der Dienstleistung insb. um die marketingorientierte Erbringung und diesbezügliche Gestaltung des Dienst­leistungsprozesses („Tech- und Touch- Quality“). ad
3. : Preisentscheidung: Abschließend wird die dritte Managementaufgabe, die Festset­zung der Preise für die Dienstleistungen, be­trachtet. Die Immaterialität, der hohe fixe Personalkostenanteil und die Nachfrageab­hängigkeit von Dienstleistungen erschweren ihre Preisfestsetzung in den meisten Fällen. Die Gesamtkosten der Dienstleistungen können noch relativ einfach erfaßt werden. Die Aufteilung nach Kostenstellen ist dage­gen nur dann ohne Schwierigkeiten möglich, wenn die Dienstleistungen von getrennten organisatorischen Einheiten im Unterneh­men oder von selbständigen Dienstleistern erbracht werden. Die für eine Preisfestsetzung erforderliche weitere Aufteilung nach Kostenträgern, also nach Produkten oder Kunden, auf die sich diese Dienstleistungen beziehen, ist nur für die, bezogen auf die Gesamtkosten relativ ge­ringen variablen Kosten, ohne Probleme möglich. Als Alternative bietet sich eine ziel- und nutzenbezogene Differenzierung der Dienstleistungspreise an. Als Differenzierungskriterien kommen unter anderen in Frage: die momentane und langfristige Be­deutung des Kunden für den Produktanbie­ter, die Anzahl und das Preisniveau konkur­rierender Dienstleistungen bzw. Anbieter mit produktdifferenzierenden Dienstlei­stungen oder die grundsätzliche und kundenspezifische Verbundwirkung zwischen Produkt und differenzierender Dienstlei­stung.       

Literatur:  Ahlert, D., Rechtliche Grundlagen des Marketing, Stuttgart u.a. 1989. Forschner, G., Investitionsgüter-Marketmg mit funktioneilen Dienstleistungen, Berlin 1989. Gerstung, F., Die Servicepolitik als Instrument des Handelsmarke­ting, Göttingen 1977.Jugel, S.; Zerr, K., Dienstlei­stungen als strategisches Element eines Technolo­gie-Marketing, in: Marketing-ZFP, 11. Jg. (1989), S. 162-172. Meyer, A., Produktdifferenzierung durch Dienstleistungen, in: Marketing-ZFP,
7. Jg. (1985), S. 99-107. Meyer, ¿4., Dienstleistungs-Mar­keting, Erkenntnisse und praktische Beispiele, Aufl., Augsburg 1988. Muser, V., Der integrative Kundendienst. Grundlagen für ein marketing­orientiertes Kundcndienstmanagement, Augs­burg 1988. Weber, M. R., Erfolgreiches Service- Management, Landsberg 1989.

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