Siehe auch: Konzentration
Prozess, der dazu führt, dass die Zahl der wirtschaftlich selbständigen Anbieter auf einem relevanten Markt im Zeitablauf abnimmt oder dass der Marktanteil, den die grössten Anbieter des Marktes auf sich vereinen, ansteigt. Um den Konzentrationsgrad eines Marktes zu messen, kann eine Vielzahl von Verfahren verwendet werden. Eine häufig herangezogene Kennziffer ist die Konzentrationsrate eines Marktes. Sie informiert darüber, wie gross der kumulierte (zusammengefasste) Anteil ist, den z. B. die 3, 4, 5 oder 6 grössten Unternehmen am gesamten Umsatz zusammen auf sich vereinen. Häufig werden Konzentrationsraten auch für Industriezweige (z. B. Strassenfahrzeugbau, elektrotechnische Industrie), für Industrieklassen (z. B. Herstellung von Personenkraftwagen, Nutzfahrzeugen, Krafträdern, Fahrrädern usw.) oder für einzelne Warenklassen (z. B. Büromaschinen. Datenverarbeitungsgeräte und -einrichtungen) errechnet. Für die Wettbewerbspolitik ist die Aussagefähigkeit derartiger Kennziffern begrenzt, da sie vor allem auf den Konzentrationsgrad des jeweils betrachteten relevanten Marktes abzustellen hat. Von aggregierter Konzentration spricht man, wenn z. B. der Anteil betrachtet wird, den die hundert grössten Unternehmen der Volkswirtschaft an deren gesamter Wertschöpfung, an der Zahl der insgesamt Beschäftigten u. ä. m. aufweisen. Für die Bundesrepublik informieren über Stand und Entwicklung der Unternehmenskonzentration vor allem die von der -÷ Monopolkommission alle zwei Jahre vorgelegten Hauptgutachten. Der Konzentrationsgrad eines Marktes kann dadurch ansteigen, dass Marktaustritte vollzogen werden, Markteintritte unterbleiben oder Unternehmen rascher wachsen als ihre Konkurrenten und dadurch einen wachsenden Marktanteil auf sich vereinigen. Von den genannten Komponenten des Konzentrationsprozesses sind die sog. originären Ursachen der Unternehmenskonzentration zu unterscheiden. Sie können in der Relevanz von Skaleneffekten und in der Existenz von Diversifizierungsvorteilen bestehen. Der Konzentrationsgrad eines Marktes kann ferner dadurch steigen, dass Markteintrittsbarrieren den Zustrom neuer Anbieter verhindern. Als Konzentrationsursache können auch mögliche Finanzierungsnachteile kleiner und mittlerer Unternehmen von Bedeutung sein. Vor allem aber sind es staatlich gesetzte Rahmenbedingungen, von denen ein starker (wenn auch häufig unbeabsichtigter) Effekt auf den Prozess der Unternehmenskonzentration ausgehen kann. Die Ausgestaltung des Steuersystems und des Patentrechts, die Art der betriebenen Forschungs- und Entwicklungspolitik, Vorschriften zum Umweltschutz u. a. m. sind zumeist nicht "konzentrationsneutral" in dem Sinne, dass von diesen Vorgaben und Massnahmen kein Einfluss auf den Konzentrationsgrad der betroffenen Märkte ausgehen würde. Die Frage, ob der Prozess der Unternehmenskonzentration wettbewerbspolitisch als unbedenklich, als unerwünscht oder als förderungswürdig anzusehen ist, ist nur für den konkreten Einzelfall zu entscheiden, da sich mit diesem Prozess grundsätzlich positive und negative Wettbewerbswirkungen verbinden können. Als mögliche negative Wirkungen der Unternehmenskonzentration werden genannt: · Führt der Konzentrationsprozess zum Entstehen marktbeherrschender Positionen, kommt es durch den fehlenden Wettbewerbsdruck mit hoher Wahischeinlichkeit langfristig zu reduzierter Allokationseffizienz, verminderter Anpassungsflexibilität und unzureichender Innovationsaktivität. · Ein steigender Konzentrationsgrad ist gleichbedeutend mit einer Verringerung des Grades der Dezentralisierung wirtschaftlicher Entscheidungen; dadurch vermindern sich auch die Möglichkeiten zur individuellen unternehmerischen Disposition und zur Wahrnehmung von Wahlmöglichkeiten. · Wo ein Prozess fortschreitender Unternehmenskonzentration zur Bildung von Marktmacht führt, kommt es durch das Auftreten von Monopolrenten zu Verstössen gegen das Postulat einer leistungsbezogenen Einkommensverteilung. Wirtschaftliche Macht wird hier durch das Fehlen ausreichenden Wettbewerbsdrucks nicht mehr wirksam begrenzt und kontrolliert. · Ein zunehmender Konzentrationsgrad begründet schliesslich eine zunehmende Wahrscheinlichkeit für friedliches Oligopolverhalten durch abgestimmtes Verhalten und Verzicht auf Preiswettbewerb. Erhöhen sich zugleich die Markteintrittsbarrieren, wird zudem auch die Bedrohung geringer, die die etablierten Anbieter durch das Wirksamwerden von potentieller Konkurrenz erfahren. Den Gefahren der Unternehmenskonzentration werden auch gewichtige Vorzüge steigender Betriebs- und Unternehmensgrössen entgegengesetzt: · Wo ein steigender Konzentrationsgrad Voraussetzung für das Erreichen zuvor nicht realisierter optimaler Unternehmensgrössen bildet, wird die Allokationseffizienz durch kostengünstigere Produktion verbessert; Wettbewerbsnachteile, die zuvor bestanden, entfallen. · Grosse und gewinnstarke Unternehmen haben im Gegensatz zu kleineren Firmen Chancen zum Eintritt auch in Märkte, die durch das Bestehen von Markteintrittsbarrieren gekennzeichnet sind. Auch verfügt häufig nur das Grossunternehmen über die Fähigkeit, risikoreiche und mit hohem Aufwand verbundene Projekte von Forschung und Entwicklung zu realisieren. · Wachsende Unternehmensgrösse verbessert die Fähigkeit zur Kompensation partieller Misserfolge und zur Bewältigung von Unternehmenskrisen, weil ein diversifiziertes Angebot und die Präsenz auf einer Viel-, zahl von Märkten eine "Robustheit" verschafft, die Unternehmen von lediglich geringer oder nur mittlerer Grösse häufig fehlt. · Wachsende Unternehmensgrösse gewährleistet gesteigerte internationale Wettbewerbsfähigkeit durch die überlegene Befähigung von Grossunternehmen zur Erschliessung und Versorgung ausländischer Märkte. Welche dieser Bewertungen zutrifft, ist nur im konkreten Einzelfall zu entscheiden, so wie er im Rahmen der .Zusammenschlusskontrolle kritisch zu würdigen ist. Grundsätzlich gilt jedoch: Je höher der Konzentrationsgrad eines Marktes bereits ist, je gewichtiger die Markteintrittsbarrieren sind und je geringer das von den Unternehmen dieses Marktes angebotene Sortiment in seinen Marktchancen durch Substitutionskonkurrenz bedroht ist, desto ausgeprägter ergibt dies die Notwendigkeit, ein weiteres Ansteigen des Konzentrationsgrades nach Möglichkeit zu verhindern. Literatur: Hochreiter, R./Müller, J., Stand und Entwicklungstendenzen der Konzentration in der Bundesrepublik Deutschland, Göttingen 1975. Monopolkommission, Hauptgutachten, Baden-Baden 1975-1990 (erscheinen alle 2 Jahre).
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