Die Distributionslogistik verbindet die Produktionslogistik eines Unternehmens mit der Beschaffungslogistik der Kunden und umfasst somit alle Aktivitäten zur Belieferung der Kunden mit den von diesen nachgefragten Produkten. Die Belieferung kann dabei direkt aus dem Produktionsprozess heraus oder aber über eine oder mehrere Absatzlagerstufen (Zentrallager, Regionallager) erfolgen. Die Distributionslogistik ist vom Absatz- oder Vertriebsbereich eines Unternehmens abzugrenzen. Während die Aufgabe des Vertriebs in der Erschließung, Pflege und Entwicklung von Kundenkapazitäten besteht, nutzt die Distributionslogistik die vorhandenen Kundenkapazitäten und erzeugt die notwendigen Güterflüsse, um die vom Kunden gewünschten Güter im Sinne der 6r der Logistik beim Kunden bereitzustellen.
Siehe auch: Marktinglogistik
1. Gegenstand und Grundprobleme der Distributionslogistik Die Distributionslogistik ist neben der Beschaffungslogistik und der Produktionslogistik ein Subsystem der Unternehmenslogistik. Ihre Aufgabe ist es, Produkte oder Dienstleistungen für Kunden physisch verfügbar zu machen. Die Distributionslogistik verbindet den Vertrieb mit den Abnehmern eines Unternehmens. Ihr kommt damit eine Überbrückungsfunktion zur Überwindung der räumlichen und zeitlichen Differenzen zwischen Herstellung und Verbrauch zu. Die Distributionslogistik bezieht sich auf alle Transport-, Lager- und Umschlagprozesse von Gütern zu den Kunden eines Unternehmens. Innerhalb der Distributionslogistik erfolgt die Koordination der Warenströme und der dazugehörenden Informationen, die für eine effiziente Verteilung der Waren erforderlich sind. Das moderne Prozessmanagement der Distributionslogistik erfordert eine funktionsübergreifende Betrachtungsweise und trägt dazu bei, die vielfältigen Schnittstellenprobleme entlang der Wertschöpfungskette effizienter lösen zu können. Aufgabe des Distributionslogistik-Managements ist die Planung, Organisation und Kontrolle der distributionslogistischen Tätigkeiten mit dem Zweck der Erzielung eines gegebenen Lieferserviceniveaus mit möglichst geringsten Kosten. Die Ziele und Aufgaben des distributionslogistischen Systems lassen sich vereinfachend damit umschreiben, das richtige Produkt zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort in der richtigen Menge und Qualität zu minimalen Logistikkosten anzuliefern und damit die Verfügbarkeit von Gütern und Informationen nachfragegerecht sicherzustellen. Die Distributionslogistik leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit. Wenn die Distributionslogistik in enger Verbindung mit der Beschaffungslogistik und der innerbetrieblichen Produktionslogistik gesehen wird, dann spricht man vom Konzept der integrierten Logistik. Kontraktlogistik strebt eine Gesamtabstimmung des Warenflusses von Fertigungsbetrieben über Handelsbetriebe und Logistikdienstleister (z.B. Speditionen, Warenverteilzentren) zu den Endverbrauchern an, bei der vertragliche Beziehungen im Vordergrund stehen. Die Festlegung der Vertriebswege bzw. Absatzkanäle, die ein Hersteller bzw. Händler nutzt, um die Endabnehmer mit Gütern zu versorgen, ist folglich eine wichtige strategische Basisentscheidung für die Distributionslogistik. Die Entwicklung zum Mehrkanalvertrieb oder Multi-Channel-Marketing ist für viele Branchen bezeichnend. Damit lösen sich die Grenzen zwischen direktem und indirektem Vertrieb immer mehr auf und es kommt zu neuen, meist kooperativen Vertriebsformen. Für die Distributionslogistik ergeben sich hieraus zahlreiche neue Anforderungen. Je nach Branche stellen sich distributionslogistische Aufgaben in unterschiedlichen Ausprägungen. Industrieunternehmen sind häufig durch eine umfassende, spezialisierte, kapitalintensive und meist auf hohe Stückzahlen ausgelegte physische (stoffliche) Leistungserstellung (Produktion, Transformation) geprägt. Auch der Grad der Standardisierung und Wiederholungshäufigkeit industriell gefertigter Güter (Massen- und Serienfertigung) ist höher als vergleichsweise bei handwerklich zumeist individuell hergestellten Produkten. Dieser Aspekt ist jedoch durch die immer flexibler werdenden Produktionskonzepte wie beispielsweise Lean Production, Just in time, KANBAN mit dem Ziel der Mass Customization nicht zwingend gegeben. Mittlerweile sind auch industrielle Fertigungssysteme in der Lage, kundenindividuelle Produkte zu erstellen und trotzdem Kostenvorteile grosser Stückzahlen zu realisieren. Der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien spielt für die Gestaltung und Steuerung der Informationsflüsse, die die physischen Distributionsprozesse begleiten, eine immer grössere Rolle (Informationslogistik, Supply Chain Management, EDI). Im Handel ermöglichen Warenwirtschaftssysteme die Optimierung von Beständen unter Beachtung von Just-in-Time-Belieferungskonzepten. Die Bündelung der Herstellerbelieferung erfolgt im Handel durch eigene Zentralläger oder Transit-Terminals, die als bestandslose Waren-Verteilzentren fungieren. Dabei geht es um die verkaufsstellengerechte Umverteilung der von der Industrie angelieferten Waren. Bei der Warenbündelung spielt die Einschaltung von Distributoren eine wichtige Rolle. Der Distributor (Broker) übernimmt meist die gesamte Auslieferung einer Warengruppe (z.B. Frischwaren) und liefert diese häufig mit Produkten anderer Hersteller oder Lieferanten an die einzelnen Filialen aus.
2. Entscheidungsfelder der Distributionslogistik Die Effizienz der Logistik hängt von einer Reihe von externen und internen Einflussgrössen ab, die nur teilweise vom Logistikmanagement beeinflusst werden können. Unbeeinflussbare Variablen sind
(1) betriebsexterne Variablen (bedarfsorientierte Rahmenbedingungen, Logistiktechnologien und produktionswirtschaftliche Rahmenbedingungen) aber auch
(2) betriebsinterne Variablen (Grundsätze der Unternehmenspolitik, Unternehmensgrösse, vorhandene Organisationsstruktur, Produktionsstätten, Ressourcen des Unternehmens). Unter diesen Rahmenbedingungen eröffnet sich für das Management in der Distributionslogistik eine Reihe von Entscheidungsfeldern, die beeinflussbare betriebsinterne Logistikvariablen darstellen. Wichtige Entscheidungsfelder der Distributionslogistik betreffen
(1) die Art, Anzahl und Standorte von Lägern, Verteilzentren usw.,
(2) die Lösung von Transportproblemen wie die Planung und Steuerung von Touren, Transportmitteleinsatz und Anlieferungsterminen,
(3) die Lagerhaltung in den Distributionslägern,
(4) die Fragen der Kommissionierung und Verpackung sowie
(5) die Planung und Durchführung der Auftragsabwicklung. Neben warenwirtschaftlichen Funktionen (z.B. Bestellübermittlung, Dispositionen) spielen auch finanzwirtschaftliche Funktionen (z.B. Fakturierung, Factoring) und Merchandising Funktionen (z.B. Preisauszeichnung, Regalpflege) eine immer wichtigere Rolle für die Schaffung von Kundenwert. Die Lösung dieser Probleme setzt aber eine enge Verzahnung zwischen allen Teilsystemen der Logistik voraus.
3. Lieferservice Lieferservice stellt eine wichtige Zielgrösse der Distributionslogistik dar. Der Lieferservice ist Bestandteil einer Kundenservicestrategie. Die Servicestrategie legt fest, mit welchen Lieferservicekomponenten und mit welchem Lieferserviceniveau Kundenzufriedenheit erzielt werden soll. Dabei ist die Nachfrage- und Kostenwirkung des Lieferservice abzuschätzen. Normalerweise gilt, je höher das Lieferserviceniveau, desto höher sind auch seine Kosten. Dabei wird klassischerweise ein S-förmiger Verlauf zwischen Lieferserviceniveau und Kosten bzw. Umsatz angenommen. In der Praxis zeigt sich häufig, dass ein überhöhter Lieferservice den Gewinn nicht mehr steigert. Die Komponenten des Lieferservice umfassen
(1) die Lieferzeit,
(2) die Lieferzuverlässigkeit,
(3) die Lieferungsbeschaffenheit sowie
(4) die Lieferflexibilität. Die Ableitung einer optimalen Lieferservicestrategie setzt eine wechselseitige Abwägung der Kosten aller Elemente des Logistiksystems und der akquisitorischen Wirkung auf die Kunden voraus. Ansonsten besteht die Gefahr von Insellösungen, bei denen Kostenreduktionen in einem Teilsystem durch Kostensteigerungen in einem anderen System einhergehen.
4. Retrodistributionslogistik Bei Betrachtung der Wertkette als Wertkreislauf umfasst die Retrodistributionslogistik bzw. Entsorgungslogistik die Rückführung der zur Entsorgung oder Wiederverwendung anstehenden Rückstände. Konkret geht es um die Entsorgung von Abfällen (z.B. aus Hiffs- oder Betriebsstoffen), Verpackungsmaterialien und nicht mehr benötigten Gebrauchsgütern. Mit der Entsorgung oder Wiederverwendung sind häufig umfangreiche Sammel-, Lager- und Transportprozesse verbunden. Zusätzlich sind damit auch Sortier-, Trenn- oder Demontageprozesse erforderlich. In der Praxis sind im Rahmen der Retrodistributionslogistik sehr unterschiedliche Systeme zur Rücknahme von „Altgütern” entstanden, die zudem noch länderspezifische Besonderheiten aufweisen. Während zum Beispiel die „Altstoff Recycling Austria AG” (ARA) die Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen in ganz Österreich finanziert und organisiert, ist es in Deutschland das „Duale System Deutschland AG” (DSG), das sich als Unternehmen nach der Einführung der Verpackungsverordnung als Verbund in Deutschland tätiger Unternehmen um die Sammlung und anschliessende Verwertung von Verpackungsabfällen der Lebensmittel- und Verpackungsbranche kümmert. Das Prinzip der Produktverantwortung erfasst sukzessive alle Branchen. Hinweis Zu den angrenzenden Wissensgebieten siehe Beschaffungslogistik, Lagerwirtschaft, Logistik (Logistikmanagement), Marketing, Grundlagen, Marketing, Internationales, Materiallogistik, Materialwirtschaft, Optimierung, Prozessanalyse, Retrodistributionslogistik (Entsorgungslogistik), Supply Chain Management, Vertriebspolitik, Vertriebssteuerung, Vertriebswege, neuere.
Literatur: Beisheim,
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