Angebotssysteme bzw. Angebotsunterstützungssysteme sind ein Modul des computergestützten Vertriebs (CAS, Computer Ai- ded Selling). Sie werden oft nicht zentral, sondern in Vertriebsniederlassungen oder gar im Gespräch beim Kunden eingesetzt. Ziele von Angebotssystemen sind:
1. korrekte Angebote
2. treffende Angebote
3. Erweiterung der Dienstleistungen, z. B. um Finanzierungsberatung und Abschätzen der Folgekosten einer Investition im Kundenbetrieb
4. aktueller Informationsstand aller am Angebot beteiligten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, insb. im Außendienst (ADM)
5. sichere Beurteilung des Kunden und seines Bedarfes
6. zielsichere Nutzung der eigenen Vertriebskapazität
7. Funktionsintegration, damit Befassung von möglichst wenigen Angestellten im Vertrieb und damit wiederum Begrenzung der Zahl der Mitarbeiter des Anbieters, mit denen der Kunde in Kontakt treten muß
8. gute Abstimmung Vertrieb - Produktion - Logistik
1. Vermeiden von Doppelentwicklungen beim Anbieter 10. effizienter Know-how-Transfer zwischen den Mitarbeitern des Anbieters Die Abb. zeigt die Komponenten eines idealen Angebotssystems. Dabei ist vorausgesetzt, dass der Kundenkontakt schon geplant ist, d. h. z. B., dass eine rechnergestützte Auswahl von Kunden, denen ein Angebot unterbreitet werden soll, nicht mehr stattzufinden hat. 1) Kundendatenbank Für die Zwecke von umfassenden Angebotssystemen ist eine Kundendatenbank über ihre Funktion zur administrativen Abwicklung von Kundenaufträgen (z. B. Bonitätsprüfung, Angebotsbestätigung, Fakturierung) hinaus mit zusätzlichen Daten anzureichern. Beispiele sind Notizen über den letzten Besuch, Angaben, die zur Finanzierungsberatung wichtig sind (Rechtsform, Betriebsgrößenmaße für die Subventionsanalyse), und Hinweise auf Grundhaltungen des Kunden, wie z. B. Neigung zu konservativen/risikoarmen Technologien oder Inno- vationsfreudigkeit. 2) Elektronischer Produktkatalog In vielen Branchen, z. B. in der Chemie-, Elektro- und Computerindustrie, aber auch im Maschinenbau, sind die konventionellen Produktkataloge so kompliziert geworden, dass die Kunden sich darin immer schwerer orientieren können. Daraus resultieren letztlich zusätzliche Konsultationen und damit eine verstärkte Belastung des Vertriebs. Es liegt nahe, Produktkataloge als gemischte Daten-/Methodenbanken zu gestalten. Im Kern soll der elektronische Katalog über das einfache Blättern am Bildschirm hinaus Recherchen mit Deskriptoren, wie sie für die Literaturdokumentation entwickelt wurden, erlauben. Zusätzliche Dienste sind technische Berechnungen, z. B. zur Dimensionierung, und/oder Kalkulation zur betriebswirtschaftlichen Bewertung von Lösungsalternativen. Auch Submodule zur Konfiguration und solche zum Verfahrensvergleich (s.u.) sind zuweilen in elektronische Produktkataloge integriert. 3) Know-how-Datenbanken Im Investitionsgütermarketing steht weniger der V erkauf von physischen Produkten im Vordergrund, sondern der Abnehmer erwartet als integrierte Dienstleistung einen Beitrag zu einer bestimmten Problemlösung. Bei solchen Konstellationen ist es Aufgabe einer Know-how-Datenbank, die Problemlösungen zentral vorzuhalten und Recherchen in mehrere Richtungen zu unterstützen. Der Benutzer kann nach ganz unterschiedlichen Dokumenten suchen, wie z. B. nach technischen Zeichnungen, die aus unterschiedlichen Perspektiven zeigen, wie ein zu lieferndes Bauteil in das Erzeugnis des Kunden zu integrieren wäre, nach Besprechungen in der Fachliteratur, Testergebnissen, einschlägigen Angeboten und Aufträgen, Referenzen von Kunden. Der Zugriff auf die gewünschten Graphiken und Texte kann über unterschiedliche Deskriptoren erfolgen, z. B. über die Zeichnungsnummern oder einen produktbezogenen Schlüssel, der die Verwendungsart klassifiziert. In Know-how-Datenbanken kann man auch das Schicksal historischer Angebote aufnehmen, insb. die Gründe, warum ein Angebot nicht zum Auftrag geführt hat. Häufen sich bestimmte Gründe, wie z. B. das Fehlen einer bestimmten technischen Funktion, die ein Wettbewerber anbieten kann, oder die Vergabe an einen neuen aggressiven Konkurrenten, so gewinnt man hierdurch Hinweise für die Produkt- und Vertriebspolitik. 4) Zeichnungsdatenbank Zeichnungsdatenbanken sollen die Voraussetzung dafür schaffen, dass zumindest in einfachen Fällen Außendienstmitarbeiter zusammen mit dem Kunden alternative Lösungen am (graphischen) Bildschirm erarbeiten und der Kunde so frühzeitig einen Eindruck vom Aussehen des gewünschten Erzeugnisses erhält. Eventuell entfällt sogar die Anfertigung von Musterteilen. Oft entstehen während des Kundengesprächs handschriftliche Entwürfe, die sich einspeichern lassen. In der Konstruktion werden aus diesen Handskizzen CAD-Zeichnungen angefertigt. Damit kein Medienbruch entsteht, muss man im Außendienst einfache CAD- Systeme einsetzen. Die Entwicklung der optischen Speicherplatten mit ihren großen Kapazitäten kommt derartigen Anwendungen entgegen. 5) Rechnergeführte Bedarfserhebung Bei Angebotssystemen besteht die Gefahr, dass die Dialoge zu lang bzw. zu langweilig ausfallen. Daher muss das System stark mit sogenannten intelligenten Checklisten operieren, die Fragen unterdrücken, wenn Informationen aus Antworten zu früheren Fragen abgeleitet werden können, oder Werte, die ein Kunde während des Gesprächs nicht angeben kann, durch Erfahrungs- bzw. Durchschnittszahlen (Default-Werte) ersetzen. Da man einen Kunden anders als einen Mitarbeiter nicht zwingen kann, sich an eine vom Rechner vorgegebene Dialogführung anzupassen, muss das Modul verschiedene Einstiegspunkte und Dialogsequenzen sowie das flexible Umschalten zwischen diesen erlauben. Beispielsweise kann ein Verkaufsdialog einerseits vom Bedarf des Kunden über die Konfiguration und Kalkulation zum Preisangebot vorstoßen; es muss aber auch möglich sein, von einem Einkaufsbudget rückwärts zu schreiten und die Konfiguration zu finden, die mit diesem Budget gerade noch finanziert werden kann. 6) Konfigurator Unter einem Konfigurator ist ein System zu verstehen, das auf der Grundlage eines Baukastensystems ein Produkt so zusammenstellt, dass es den Kundenwunsch möglichst gut erfüllt. Wegen der vielen Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Komponenten und wegen der vielen Schnittstellen ist ein Trend zum wissensbasierten Konfigurator zu verzeichnen. 7) Kalkulation In der Angebotsphase sind Detailkonstruktionen häufig noch nicht verfügbar. Damit fehlt es auch an einem detaillierten Mengengerüst, das die Grundlage einer konventionellen Zuschlagskalkulation sein könnte. Infolgedessen müssen Lücken oft durch Erfahrungswerte gefüllt werden. Auch hierzu beginnt man, Expertensysteme zu erproben. 8) Preisfindung Dieses Modul ist oft recht einfach, und zwar immer dann, wenn man auf Listenpreise zurückgreifen kann. Wenn jedoch der Übergang von der Kalkulation zur Preisfindung in stark umkämpften Märkten mit zahlreichen Überlegungen zur Bedeutung des Kunden, des Auftrags, der aktuellen Kapazitätssituation usw. verbunden ist, kann an die Abbildung von unternehmensinternen Richtlinien für die Ermittlung der Angebotspreise gedacht werden. Diese Richtlinien lassen sich im Angebotssystem als Entscheidungstabellcn oder Regelwerke wissensbasierter Systeme hinterlegen. 9) Finanzberatung (Financial Engineering) Neuere Finanzberatungs-Module beginnen mit der Analyse, ob dem Kunden eine Subvention empfohlen werden kann. Dann ist rechnerunterstützt zwischen Kauf, Miete und Leasing zu wählen. Aus der Vielzahl der Leasing-Varianten müssen geeignete selektiert und parametriert werden. Die Vorteil- haftigkeit von Finanzierungsalternativen läßt sich mit Methoden der Finanzmathematik, z. B. Barwertrechnungen, allein oft nicht hinreichend begründen, so dass Nutzwertanalysen zur Beurteilung qualitativer Vor- und Nachteile (z.B. flexible Umdisposition von Leasing zu Kauf) hinzugenommen werden müssen. 10) Kalkulatorischer Verfabrensvergleich Zu den Mehrwertdiensten eines umfassenden Angebotssystems gehört cs, die Kosten abzuschätzen, die das gekaufte Wirtschaftsgut voraussichtlich im Betrieb des Kunden verursachen würde. Dabei kann mit der im Kundenbetrieb schon vorhandenen Lösung ebenso verglichen werden wie mit Angebotsalternativen (z. B. zwei verschiedene Spinne- rei-Ausstattungen, zwei Nutzkraftfahrzeuac)Mailing-Funktionen /AODV Dieses Modul dient dazu, die verschiedenen Instanzen des Anbieters so zu koordinieren, dass die für das Angebot nötigen Informationen korrekt sind und schnell zusammengetragen werden; ferner müssen die Kon- trollprozeduren an der richtigen Stelle eingesteuert werden. Hierzu dienen Electro- nic-Mail-Systeme und ihre Weiterentwicklung, die Aktionsorientierte Datenverarbeitung (AODV). Bei der AODV übernimmt ein zentraler Rechner die Koordination: Er beauftragt die Instanzen im Anbieterbetrieb über elektronische Post in der richtigen Reihenfolge mit Detailaktionen. Ggf. bestimmt er diese Reihenfolge und die Art der jeweiligen Aufgaben in Abhängigkeit von rückge- meldeten Informationen über schon abgeschlossene Arbeiten. Die termingerechte Erledigung der delegierten Aufgaben wird vom Computer angemahnt. 11) Angebots-Druck Das Angebot ist auszudrucken. Eventuell wird man spezielle Meldungen an die Marktforschung oder die Lagerdisposition ausgeben. 12) Angebotsverfolgung Der Systembestandteil Angebotsverfolgung gibt in parametrierten Zeitabständen Hinweise, wenn bei einem Angebot nachzufassen ist. Hierzu kann die Historie der Offerte mitgeliefert werden. Soweit die Ergebnisse der „Nachfaß-Aktion“ Informationswert für das Marketing haben, sollten sie in der D V-Anlage abgespeichert werden. P. M.
Literatur: Encarnacao, ; Lockemann, P. C.; Rembold, U. (Hrsg.), AUDIUS-Außendienstunterstützungssystem. Anforderungen, Konzepte und Lösungsvorschläge, Berlin u. a. 1990. Mertens, P., Industrielle Datenverarbeitung, Bd. l:Admini- strations- und Dispositionssysteme, 7. Aufl., Wiesbaden 1988. Steppan, G., Informationsverarbeitung im industriellen Vertriebsaußendienst - Computer Aidcd Selling (CAS), Berlin u. a. 1990.
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