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Kontrolltheorie

1.    Teildisziplin der Systemtheorie (system dynamics), insb. der Theorie dynamischer Systeme (Kybernetik). Ihre Aufgabe besteht darin, das Modell eines betrachteten Systems gemäss einer vorgegebenen, geeignet formalisierten Zielvorschrift zu beeinflussen, im Idealfall zu optimieren. Die ökonomische Kontrolltheorie beschäftigt sich sowohl mit betrieblichen als auch mit volkswirtschaftlichen Systemen und deren (optimaler) Regelung. Der Begriff Kontrolltheorie bezeichnet im Rahmen der Systemforschung vorwiegend die moderne, mathematisch orientierte Regelungstheorie; synonym wird er auch für die klassische Regelungstheorie (-technik) verwendet. Die Kontrolltheorie bemüht sich vorrangig um optimale Lösungen dynamischer Probleme, und zwar mit analytischen und numerischen Verfahren. Zugunsten der Optimalität der Lösung wird mitunter in Kauf genommen, dass sich die verwendeten Modelle (teilweise erheblich) von der ökonomischen Realität weit entfernen. Indessen werden auch pragmatische Ansätze favorisiert, die die exakten Verfahren dort einsetzen, wo ausreichender Realitätsbezug der Modelle gegeben ist, und heuristische Verfahren (z.B. die Simulation) in den Fällen verwenden, in denen dies die Problemstellung erfordert. Die Kontrolltheorie schliesst Elemente der Teamtheorie und der Spieltheorie ebenso ein wie die Theorie stochastischer Prozesse und die Theorie adaptiver (lernfähiger) Systeme. Die Modellformen, auf denen die Kontroll- theorie basiert, sind vorwiegend Differential- bzw. Differenzengleichungen. Die Methoden der Kontrolltheorie reichen von der Variationsrechnung über die dynamische Optimierung bis hin zu numerischen (Nähe- rungs)-Verfahren. Im Sinne der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre stellt die Kontrolltheorie ein Instrument dar, mit dem sowohl die Erklärung als auch die Gestaltung betrieblicher Prozesse unterstützt werden können. Zur Erklärung trägt sie durch analytische Methoden bei, mit denen bestimmte Eigenschaften von Prozessen, z.B. deren Stabilität, beurteilt werden können. Zur Gestaltung liefert sie Entscheidungskalküle (Regelgesetze), z.B. zur Abstimmung von Produktion und Lagerhaltung bei unsicherer Nachfrage, zur gemeinsamen Produktions- und Absatzpolitik oder zur Ermittlung der optimalen Investitions- und Finanzierungsstrategie. Volkswirtschaftliche Fragestellungen, insb. der optimale Einsatz gesamtwirtschaftlicher Steuergrössen (z.B. der Instrumente der Konjunkturpolitik), sind auf der Basis ökonomischer Modelle mit den Methoden der Kontrolltheorie untersucht worden. 2. In der Arbeits- und Organisationspsychologie zählt die Kontrolltheorie zu den wichtigsten Erklärungsansätzen. Ausgangspunkt ist dabei die Annahme eines allgemeinen Bedürfnisses des Menschen, sich selbst als Verursacher von Ereignissen und Veränderungen in seiner Umwelt zu erleben. Positive Kontrollerfahrungen resultieren in Gefühlen eigener Kompetenz und einem hohen Selbstwertgefühl, negative in sog. gelernter Hilflosigkeit und allgemeinem Kontrollver- lust. Vor diesem Hintergrund werden Qualitätszirkel als Instrument zur Erhöhung der individuellen Kontrolle über Teilaspekte des Arbeitsablaufes betrachtet, wobei der subjektiv empfundene Kontrollzuwachs gewöhnlich die Arbeitsmotivation steigert. "Intern kontrollierte" Konsumenten, die in der Überzeugung leben, eher "selbstbestimmt" zu sein, leiden weniger schnell unter Informationsüberlastung als "externe Kontrollierte", die etwa in ihrer Rolle als Arbeitnehmer zu Störungen der Leistungsmotivation tendieren.       Literatur: Bungard, W./Wiendieck, G. (Hrsg.), Qualitätszirkel als Instrument zeitgemässer Betriebsführung, Landsberg 1986. Osterkamp, U., Kontrollbe- dürfnis, in: Frey, DJ Greif, S. (Hrsg.), Sozialpsychologie. Ein Handbuch in Schlüsselbegriffen, 2. Aufl., München, Weinheim 1987, S. 222 ff.  

liefert spezielle mathematische Verfahren, die es erlauben, das Verhalten eines dynamischen Systems in einer bestimmten angestrebten Weise zu steuern (dynamische Optimierung). Der faktische Erfolg der Kontrolle ist dabei von der mathematischen Lösbarkeit in ebensolchem Maße abhängig wie von der adäquaten Spezifizierung des betreffenden Problems. Obgleich für einzelne Problemstellungen schon seit langem Lösungen bekannt sind (z.B. für das Problem der Brachistochrone seit Ende des 17. Jh.), haben speziell die Anforderungen der Raumfahrt den Anstoss für die Weiterentwicklung der Variationsrechnung zur Kontrolltheorie gegeben (Richard E. BELLMAN; L.S. PONTRYAGIN). Die Formulierung eines Kontrollproblems umfaßt a) die mathematische Beschreibung des Verhaltens des zu kontrollierenden Systems in Gestalt eines Differential- oder Differenzengleichungssystems; b) das Ziel oder die Ziele (Zielwerte), in deren Richtung das System gesteuert werden soll bzw. die man so gut wie möglich erreichen will; c) die Formulierung einer Bewertungsfunktion (Optimierungskriterium, Zielfunktion), welche die Bewertung (Gewichtung) aller Ziele vornimmt (gewöhnlich eine gewichtete Summe oder ein Integral); d) das Kontrollgesetz. Letzteres bestimmt in jedem Zeitpunkt die im Hinblick auf die Zielfunktion zu wählende Kontrollaktion in Abhängigkeit vom augenblicklichen Zustand des Systems, der durch die momentanen Werte der Zustandsvariablen festgelegt wird. Die Lösung verlangt, aus allen von der Problemstellung her zulässigen Kontrollen das dem vorgegebenen Kriterium gemäße optimale Kontrollgesetz auszuwählen. Auch für die zulässigen Werte der Zustandsvariablen können Beschränkungen festgesetzt sein. Wichtig unter dem Gesichtspunkt einer breiten Anwendbarkeit der Verfahren ist, dass der durch das optimale Kontrollgesetz angesteuerte Zustand selbst ein »bewegliches Ziel« darstellen darf. Unterschiede und Schwierigkeiten gegenüber der Optimierung in der klassischen Analysis resultieren aus der Aufgabe, einen Funktionsverlauf insgesamt bestimmen zu müssen. Gleichartige Probleme treten hingegen bei Existenz von Randoptima auf, also dann, wenn der zulässige Bereich für die Zustandsvariablen beschränkt ist und Segmente der Trajektorie (des optimalen Kontrollverlaufs) mit dem Rand dieses Definitionsbereiches zusammenfallen. Mathematische Hilfsmittel bei der Lösung der Kontrollaufgabe sind das Maximumprinzip (PONTRYAGIN), die Variationsrechnung, das dynamische Programmieren (BELLMAN), die LAGRANGEFunktion, die HAMILTON-Funktion. Die moderne Kontrolltheorie ist Teil der quantitativen Wirtschaftspolitik. Verbindungen bestehen auch zur politischen Ökonomie. Ausgangspunkt ist ein ökonomisches (ökonometrisches) Modell der Wirtschaft, das endogene, exogene und Instrumentvariable (Kontrollparameter) enthält. Nach vorgegebenen Zielvorstellungen für die endogenen und die Instrumentvariablen (oder eine Auswahl aus ihnen) sollen die Instrumentvariablen über einen endlichen Zeitraum im Rahmen der Nebenbedingungen so gewählt werden, dass die vorgegebene Zielfunktion (meist eine gewichtete Kombination der Zielwerte) optimiert wird. Ist das ökonomische System linear und die Zielfunktion quadratisch (meist gewichtete Summe der quadrierten Abweichungen der Zielwerte von den tatsächlich erreichten Werten), so spricht man von einem linear-quadratischen Kontrollproblem. Die Lösung dieses Problems ist geschlossen angebbar, solange das System deterministisch ist. Treten stochastische Elemente nur in Form additiver Störterme auf, so ist die Lösung ebenfalls noch geschlossen angebbar. Es gilt das sogenannte certainty-equivalence-Theorem (Henri THEIL, Herbert A. SIMON), d.h., dass die Lösung im Prinzip der Lösung des deterministischen Systems gleicht. Numerische und/oder analytische Probleme treten auf, wenn nicht mehr die Kombination lineares System und quadratische Zielfunktion, sondern nichtlineare Systeme und/oder nicht quadratische Zielfunktionen vorgegeben sind, und wenn sich der stochastische Charakter auch in den Koeffizienten und/oder den Variablen (nicht direkt beobachtbar, fehlerbehaftet) manifestiert. Hier ist man auf Approximationen angewiesen, und das weite Feld der nichtlinearen, nicht quadratischen Optimierung findet ebenso Anwendung wie Elemente der Lerntheorie (KALMAN-Filter) und der Zeitreihenanalyse. In den neuesten Entwicklungen der Kontrolltheorie wird auch der Tatsache Rechnung getragen, dass es i.allg. nicht eine einzige Instanz ist, die über die Wahl der Kontrollparameter entscheidet (entscheiden kann), sondern mehrere (etwa die Zentralbank über die geldpolitischen Parameter und die Regierung über die fiskalpolitischen). Hier finden Elemente der modernen Spieltheorie in die Kontrolltheorie Eingang. Literatur: Chiang, C.A. (1992). Wenzel, H.D. (1976). Chow, G. (1975). Pindyck, R. (1973)

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