Die Projektfinanzierung ist eine besondere Finanzierungsmethodik, bei der Gläubiger ihre Finanzierungsentscheidungen primär an den zukünftigen Erfolgsaussichten geplanter Investitionsprojekte orientieren. Die zukünftige Projektsituation wird anhand von Cash flow-Szenarien aufgezeigt, die im Rahmen von Sensitivitätsanalysen ermittelt werden. Den Sensitivitätsanalysen geht eine möglichst genaue Identifikation einzelner Projekt-risiken voraus. Diese Risikoanalyseergebnisse bilden die Entscheidungsgrundlage für die Entwicklung einer tragfähigen Finanzierungsstruktur. Durch eine entsprechende Vertragsgestaltung wird sichergestellt, dass die Projektrisiken optimal auf die Projektbeteiligten verteilt werden. Da die Projektdurchführung in der Mehrzahl der Fälle mit einer Gründung einer Projektgesellschaft einher geht, ist auch eine Entscheidung darüber zu treffen, welche Rückgriffsmöglichkeiten Gläubiger auf die Projektinitiatoren erhalten.
Finanzierung eines bestimmten Investitionsvorhabens im In- oder Ausland, wobei die Bedienung der Kredite primär aus den Erträgen einer geschlossenen Wirtschaftseinheit (Projekt) erfolgt und die Besicherung im wesentlichen auf die Aktiva des Projekts (Lizenzen, Anlagen, Vorräte, Erlöse, Versicherungsansprüche, usw.) beschränkt ist. Das Projektmanagement mit Planung, Organisation und Akquirierung der Projektfinanzierung liegt beim Projektträger. Zum Zweck der Projektfinanzierung wird eine Projektgesellschaft (Special Purpose Company) gegründet, welche die erforderlichen Finanzierungsmittel aufnimmt. Entscheidend für die Umsetzung einer Projektfinanzierung ist die zu erwartende Rendite und der Cash-flow. Die Analyse der Projektrisiken ist von besonderer Bedeutung; anhand computergestützter Cash-flow-Projektionen über zehn und mehr Jahre wird untersucht, wie Veränderungen einzelner Parameter (zum Beispiel Preise, Absatz, Betriebskosten, Zinsen) die Wirtschaftlichkeit des Projekts beeinflussen (Sensitivitätsanalyse). Da die Rückgriffsmöglichkeiten der Banken auf die Eigentümer (Sponsoren) regelmäßig eingeschränkt sind, spricht man auch von «Limited Recourse»-Finanzierungen. Zur Sicherstellung der Finanzierung werden neben den Eigenkapitalgebern (der Eigenfinanzierungsanteil liegt je nach Stabilität des zu erwartenden Cash-flows zwischen 10% und 50%) Geschäftsbanken bzw. Kreditkonsortien sowie Zulieferer und Abnehmer einbezogen. Letztere sichern vor allem durch langfristige Liefer- und Abnahmeverträge (Take or Pay-, Pay and Take-Verträge) den Cash-flow und somit die kontinuierliche Fähigkeit, den Schuldendienst erbringen zu können. Neben wesentlichen Anlagenteilen bringt der Hauptlieferant (Contractor) häufig auch technisches und Steuerungs-Know-how für den Betrieb des Projekts ein, oftmals wird hierfür ein separater erfahrener Betreiber eingesetzt. Anwendungsbereiche für Projektfinanzierung sind unter anderem der Rohstoffbereich (zum Beispiel Off-shore-Bohrinseln, Kohlengruben), industrielle Großanlagen (zum Beispiel Kraftwerke, Raffinerien) und der Telekommunikationsbereich (Netze, Satelliten).
Projektfinanzierung wird definiert als Finanzierung einer spezifischen, abgrenzbaren wirtschaftlichen Einheit (Projekt), welche sich primär auf den Cash-Flow des Projektes und dessen Substanzwert stützt. Es handelt sich also um eine Einheit, bei der primär der Cash-Flow, der mit dem Projekt erzielt werden soll, als Quelle für Zins- und Tilgungszahlungen dient und nicht die das Projekt fördernden Akteure; sie sind in die Projektfinanzierung i.d.R. nicht mit eingebunden (Non-Resource-Financing). In diesem Sinne ist die Projektfinanzierung von der Auftragsfinanzierung abzugrenzen.
Projektfinanzierungen finden vorwiegend ihre Anwendung im Bereich der Rohstofferschließung und der petrochemischen Industrie. Ihre wichtigste Aufgabe besteht darin, die einzelnen mit einem Projekt verbundenen Risiken transparent zu machen, zu bewerten und Möglichkeiten aufzudecken, bestehende Risiken zu verteilen (Risk Sharing) (vgl. Backhaus, 1989, Sp. 1728). Dabei sind folgende Arten von Projektrisiken zu unterscheiden:
- geologisches Risiko
- verfahrenstechnisches Risiko
- Fertigstellungsrisiko
- Betriebsrisiko
- Absatz- und Preisrisiko
- politisches Risiko
- Wechselkursrisiko
- Risiken höherer Gewalt (vgl. Backhaus, 1989, Sp. 17290.
Zur Absicherung und zur Finanzierung eines Projektes wird i.d.R. ein umfassendes Finanzierungsmodell erstellt, das durch eine größere Anzahl von Kreditinstituten und Kreditquellen unter der Führung einer Bank als Lead-Manager getragen wird.
Finanzierung einer selbstständigen wirtschaftlichen Einheit, bei der die projekttragenden Unternehmen (Sponsoren) nur einen Teil der mit dem Projekt verbundenen Risiken übernehmen, die dingliche Besicherung regelmässig auf die Projektaktiva beschränkt ist und die Bedienung des eingesetzten Eigen- und Fremdkapitals aus dem Cashflow des Projekts erfolgt. Der erwartete Cashflow dieser Wirtschaftseinheit stellt somit das primäre Entscheidungskriterium der Projektrealisierung dar. Bei der Projektfinanzierung handelt es sich nicht um ein Finanzierungsinstrument, sondern um eine komplexe Finanzierungskonzeption. Typisch für Projektfinanzierungen ist die Beteiligung einer grösseren Zahl von Akteuren. In erster Linie sind hier die das Projekt initiierenden Investoren zu nennen (Sponsoren oder Projektträger). Sie treffen die Entscheidung für die Durchführung des Projekts. Des Weiteren obliegt ihnen das Projektmanagement einschl. Planung, Organisation und Akquirierung der Projektfinanzierung. I. d. R. schliessen sich mehrere Sponsoren aus finanziellen und risikopolitischen Gründen in einer Arbeitsgemeinschaft (Joint Venture) zusammen. Für diesen Zweck wird üblicherw. eine rechtlich selbstständige Projektgesellschaft gegründet, deren Anteilseigner und damit Eigenkapitalgeber die Sponsoren sind. Als Projektträger kommen vor allem multinationale Unternehmen, Staaten und inter- bzw. supranationale Entwicklungsbanken und sonstige -institutionen in Betracht. Als weitere an Projektfinanzierungen beteiligte Partei sind Kreditgeber zu nennen. Hierzu können insb. Geschäftsbanken, die sich meist in Form von Kreditkonsortien (-Syndikaten) zusammenschliessen, gerechnet werden. Häufig treten auch Sponsoren als Kreditgeber auf, wobei sie Kredite in Form von nachrangigen, Eigenkapital ersetzenden Darlehen zur Verfügung stellen. Typisch für Projektfinanzierungen ist des Weiteren, dass Zulieferer und Abnehmer in die Fremdfinanzierung eingebunden werden. Sie stellen zugleich eine weitere Gruppe der an Projektfinanzierungen Beteiligten dar. Zulieferer von technischen Ausrüstungen und Abnehmer der produzierten Güter werden durch langfristige Lieferungs- und Leistungsverträge, mittels derer das mengenmässige Beschaf-fungs- bzw. Absatzrisiko und das Preisrisiko abgesichert werden, an das Projekt gebunden. Sie sind damit wesentlicher Bestandteil einer Projektfinanzierung. Staatliche Instanzen partizipieren an Projektfinanzierungen entweder als weitere Projektträger, als Projektförderer z.B. durch Gewährung von Steuererleichterungen oder Erteilung von Baugenehmigungen oder als Abnehmer der mit dem Projekt erstellten Produkte (z.B. Kernenergie). Bis etwa 1980 waren Energie- und Rohstoffprojekte - insb. Erdölexploration - Anwendungsdomäne der Projektfinanzierungstechnik. Inzwischen gewinnt sie durch Übertragung auf Investitionsobjekte anderer Branchen - insb. Infrastruktur-, Hochtechnologie- und Telekommunikationsprojekte - an zusätzlicher Bedeutung. Mit Energie-und Rohstoffprojekten sind vor allem das geologische, Konstruktions- und Fertigstellungs-, das verfahrenstechnische und Betriebs-, das Management-, Markt- und Finanzierungsrisiko verbunden. Das geologische Risiko besteht darin, dass Rohstoffvorkommen nicht in dem erwarteten Umfang, der erwarteten Qualität oder Förderbeschaffenheit vorhanden sind. Fehleinschätzungen können die prognostizierten Ein- und Auszahlungen beeinflussen und gefährden damit den Cashflow als Basis der Projektfinanzierung. Das Fertigstellungsrisiko bezieht sich auf Verzögerungen der Projekterstellung und unerwartete Kostensteigerungen während dieser Phase. In engem Zusammenhang hiermit steht das Konstruktionsrisiko, das die Möglichkeit bez., dass die Projektanlagen auf Grund von technischen Problemen nicht in der vorgesehenen Weise errichtet werden können. Mit dem verfahrenstechnischen Risiko korrespondiert das Betriebsrisiko, das alle während des Produktionsprozesses auftretenden Mängel umfasst, die nicht aus der Verfahrenstechnik resultieren, so z. B. Streiks oder Lieferverzögerungen. Neben den technischen Risiken bestehen bei Projektfinanzierungen ferner wirtschaftliche Risiken. Das Marktrisiko in Form des Absatz- und Preisrisikos tritt dann auf, wenn nach det Fertigstellung des Projekts kein ausreichender Markt für das erstellte Produkt vorhanden ist bzw. der Marktpreis der produzierten Güter den in der Planung angesetzten Preis nicht erreicht. Weitere wirtschaftliche Risiken treten in Form des Wechselkurs- und Zinsänderungsrisikos auf, die jedoch kaum projektspezifische Aspekte beinhalten. Die Verteilung dieser Projektrisiken ist abhängig von der zwischen den Akteuren einer Projektfinanzierung vereinbarten Projektfinanzierungskonzeption. Bei Projektfinanzierungen auf Nonrecourse-Basis wird auf jeglichen Rückgriff gegen die Sponsoren verzichtet. Sämtliche Projektrisiken werden von den beteiligten Banken getragen, die damit de facto auch die unternehmerische Verantwortung für das Projekt übernehmen. Diese Variante det Projektfinanzierung kommt in praxi nur sehr selten und nur bei Projekten in politisch stabilen Regionen mit einem geringen Marktrisiko, einer kurzen Erstellungszeit und einer voraussichtlich hohen Rentabilität vor. Werden demgegenüber den Banken umfassende Rückgriffsrechte gegenüber den Sponsoren für alle projektinhärenten Risiken eingeräumt, so liegt Fullrecourse-Fi-nanzierung vor. Aus Sicht der beteiligten Banken entspricht diese Variante der Projektfinanzierung einem normal gesicherten Kredit. Die spezifischen Merkmale einer Projektfinanzierung reduzieren sich auf die Finanzierung ausserhalb der Bilanz der Projektträger (Offbalancesheet-Finanzierung), die aus der regelmässig vorgenommenen Gründung einer selbstständigen Projektgesellschaft folgt. Projektfinanzierungen werden meist auf Limitedrecourse-Basis abgeschlossen. Charakteristisch für diese Variante ist die Risikoverteilung auf die in das Projekt eingebundenen Beteiligten. Das Fertigstellungsrisiko übernehmen dabei gewöhnlich die Sponsoren durch die Abgabe einer Fertigstellungsgarantie. Banken übernehmen häufig das Wechselkurs-, Zinsänderungs- und Refinanzierungsrisiko. Letztlich tragen sie des Weiteren das Risiko des Projekterfolgs, also der Erzielung eines ausreichend hohen Cashflow zur Bedienung der vergebenen Kredite, sofern die Projektfinanzierung nicht auf Fullrecourse-Basis erfolgt. Die Finanzierung der Projekte erfolgt i. d. R. zu etwa 20-40% durch Eigenkapital der Projektträgergesellschaften. Die Höhe des Eigenkapitalanteils wird als Indikator des Interesses der Sponsoren an dem Projekt angesehen. Grunds, gilt, dass die Eigenkapitalquote umso geringer sein kann, je besser es gelingt, die Projektrisiken auf die Projektbeteiligten zu verteilen. Aus Sicht der Sponsoren bestehen die wesentlichen mit Projektfinanzierungen verbundenen Ziele in der Gewährleistung der Fremdkapitalbeschaffung und Erhaltung der Kreditwürdigkeit, der Ausnutzung bilanzieller und ggf. steuerlicher Vorteile, der Begrenzung der Risikoübernahme und der Nutzung zusätzlicher, bei klassischen Kreditfinanzierungen nicht erhältlicher Finanzierungsquellen. Kennz. für Grossprojekte sind sehr hohe Investitionskosten, die bei einer konventionellen Fremdfinanzierung die Bilanzstruktur der Projektträger nachhaltig beeinträchtigen würden. Durch die Ausgliederung des Projekts in eine Projektgesellschaft besteht für die Projektträger die Möglichkeit, den eigenen Mitteleinsatz zu verringern und das Verschuldungspotential des Projekts zu erhöhen. Dies resultiert aus dem Umstand, dass Kreditgeber bereit sind, an eine Projektgesellschaft, auf deren Cashflow sie einen direkten und vertraglich abgesicherten Zugriff haben, mehr Fremdkapital zu vergeben, als für ein ertrags- und risikomässig nicht exakt abgrenzbares Investitionsvorhaben innerhalb eines Unternehmens. Die Ausnutzung bilanzieller Vorteile folgt ebenfalls aus der Ausgliederung des Projekts auf eine selbstständige Projektgesellschaft. Konkret bedeutet dies die Nichtaus Weisung der dem Projekt zuzuordnenden Vermögens- und Verbindlichkeitenwerte in der Bilanz der Projektträger mit den Folgen einer u.U. besseren Bilanzstruktur und Kreditwürdigkeit sowie der ggf. möglichen Vermeidung bestimmter Kreditauflagen. Die Nichtaus-weisung des Projekts in der Bilanz des Projektträgers ist allerdings nur dann zu realisieren, wenn für die Projektgesellschaft keine Konsolidierungspflicht besteht. Selbst in diesem Fall hat der Sponsor aber sein in das Projekt eingebrachte Eigenkapital als Beteiligungsposten zu bilanzieren. Die Begrenzung der Risikoübernahme durch die Projektträger resultiert aus der Verteilung einzelner Projektrisiken auf andere Projektbeteiligte, wie Lieferanten, Abnehmer, Banken und Garantiegeber. Ausmass und Zeitpunkt der Risikoabwälzung ist abhängig von der vereinbarten Projektfinanzierungskonzeption Non-, Limited- und Fullrecourse-Finanzierung. Diesen Vorteilen der Projektfinanzierung stehen verschiedene Nachteile entgegen. So sind Projektfinanzierungen im Vergleich zu herkömmlichen Investitionskrediten durch höhere Zinsbelastungen charakterisiert. Des Weiteren sind bei Projektfinanzierungen diverse Projektstudien, Vertragswerke und sonstige Dokumentationen zu erstellen, deren Kosten ebenfalls durch die Sponsoren zu tragen sind. Damit angesprochen ist die erforderliche Bereitschaft der Sponsoren, den Kreditgebern zahlreiche Informationen bereitzustellen. Insb. als internationale Projektfinanzierung.
Kreditgewährung für ein grosses Investitionsvorhaben (Projekt), meist als Form der —Aussenhandelsfinanzierung. Das Projekt ist als sich selbst tragende Wirtschaftseinheit konzipiert und wird von einer rechtlich selbständigen Projektgesellschaft betrieben. Die Kreditvergabe basiert auf dem Ertragspotential des Projektes. Der cash flow des Projektes muss mindestens die Betriebskosten sowie die Zins-und Tilgungszahlungen der Projektfinanzierung decken. Ein Rückgriff auf die Projektträger (Sponsoren) oder eventuelle Garanten ist häufig nur in begrenztem Umfang möglich oder völlig ausgeschlossen. Vor der Entscheidung über eine Projektfinanzierung werden deshalb die technischen, wirtschaftlichen und politischen Risiken umfassend analysiert, um die technische Durchführbarkeit und erwartete Rentabilität des Projektes zu ermitteln. Projektfinanzierungen werden meist als Roll-over-Kredite von —Bankenkonsortien u. a. zur Erschliessung von Energie- und Rohstoffvorkommen sowie zum Bau kompletter Industrieanlagen, Hotel-und Dienstleistungszentren, Kraftwerke, Verkehrsprojekte und Schiffe gewährt. Literatur: Backhaus, KlUeckermann, H., Projektfinanzierung, in: WiSt, 18. Jg. (1990), S. 106 ff.
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