Börse, Effektenbörse
Börse, an der als Wertpapiere Effekten gehandelt werden. Regelmäßig versteht man unter der Wertpapierbörse im engeren Sinne eine Präsenz- oder Parkettbörse. In Deutschland bestehen Wertpapierbörsen in Berlin, Bremen, Düsseldorf, Frankfurt/Main, Hamburg, Hannover, München und Stuttgart.
Die Wertpapierbörse hat die Aufgabe, Angebot und Nachfrage nach börsentauglichen, das heißt austauschbaren (vertretbaren bzw. fungiblen), Wertpapieren zu vermitteln (Fungibilität). Im Mittelpunkt der Börsentätigkeit steht es, das angebotene Kapital in Investitionsvorhaben einzubringen, die dem Kapitalgeber eine hohe Rendite versprechen. Bei diesem Kapital kann es sich sowohl um Eigen- als auch um Fremdkapital handeln. Neben Wertpapieren werden auch sogenannte Derivate gehandelt.
»Für den direkten Finanzierungsweg sind die Börsen von zentraler Bedeutung, da sie die Aufgabe haben, durch das Angebot eines kostengünstigen Marktplatzes die Aufnahme von Kapital zur Finanzierung von Investitionen und die rentable Anlage von Kapital zu erleichtern.« (Bundesministerium der Finanzen: Unser Börsen- und Wertpapierwesen, Bonn 1999).
Die Börse ist ein wichtiger Emissionsmarkt für Wertpapiere. Zur Finanzierung von Investitionsvorhaben werden sowohl schuldrechtliche Wertpapiere (Schuldverschreibungen) an die Wertpapierbörse ausgegeben, wie zum Beispiel Anleihen, als auch Beteiligungspapiere (Aktien). So zirkulieren die auf dem Primärmarkt ausgegebenen Aktien an der Börse, die dementsprechend einen Sekundärmarkt für diese Papiere darstellt. Die Wertpapierbörse ermöglicht das Sammeln vieler kleiner Sparbeträge und ihre effektive Bündelung zur Finanzierung großer Investitionsprojekte auf dem privatwirtschaftlichen Sektor ebenso wie bei Investitionen der öffentlichen Hand, die ebenfalls Schuldverschreibungen begibt, wie z. B. Bundesanleihen oder Kassenobligationen.
In Deutschland gibt es acht Wertpapierbörsen als Kassabörsen und eine Terminbörse (Börse). Die Kassabörsen befinden sich in Frankfurt/Main, Berlin, Bremen, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, München und Stuttgart, die Terminbörse ebenfalls in Frankfurt. Die Wertpapierbörse Frankfurt/Main ist die bedeutendste in Deutschland. Nach New York (N.Y.S.E.), Tokio und London (L.S.E.) ist die Frankfurter die viertgrößte Effektenbörse der Welt. Zwar kann jedermann Wertpapiere erwerben, aber nicht jeder ist zum Börsenhandel zugelassen. Die Zulassung zum Börsenhandel ergibt sich aus dem Börsengesetz-Dort heißt es im § 7 Absatz 1: »Zum Besuch der Börse und zur Teilnahme am Börsenhandel ist eine Zulassung durch die Geschäftsführung erforderlich. Zum Börsenhandel gehören auch Geschäfte über zugelassene Gegenstände, die durch Übermittlung von Willenserklärungen durch elektronische Datenübertragung börsenmäßig zustande kommt« (gemeint ist die Geschäftsführung der Börse -d. A.). Voraussetzung für die Zulassung zum Handel an der Börse ist das gewerbsmäßige Betreiben des Wertpapierhandels. Personen, die gewerbsmäßig Wertpapierhandel betreiben und zum Börsenhandel zugelassen sind, sind die Börsenmakler und die Börsenhändler. Diese Börsenhändler sind die Vertreter der Kreditinstitute (oder anderer zum Börsenhandel zugelassener Unternehmen), die einerseits die Börsenaufträge (Order) der Bankkunden ausführen, zum zweiten aber auch das Eigengeschäft ihres Instituts betreiben (zum Eigengeschäft Bank). Der § 7 Abs. 4b des Börsengesetzes bestimmt: »Personen, die berechtigt sein sollen, für ein zugelassenes Unternehmen an der Börse zu handeln (Börsenhändler), sind zuzulassen, wenn sie zuverlässig sind und die hierfür notwendige berufliche Eignung haben«.
Was darunter zu verstehen ist, definiert § 7 Abs. 5 so: »Die berufliche Eignung ... ist regelmäßig anzunehmen, wenn eine Berufsausbildung nachgewiesen wird, die zum börsenmäßigen Wertpapier- oder Warengeschäft befähigt. Die berufliche Eignung im Sinne des Absatz 4b« - also für Börsenhändler - »ist anzunehmen, wenn die erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen nachgewiesen werden, die zum Handel an der Börse befähigen. Der Nachweis über die erforderlichen fachlichen Kenntnisse wird insbesondere durch die Ablegung einer Prüfung vor der Prüfungskommission einer Börse erbracht.«
Bei den Börsenmaklern unterscheidet man die amtlichen oder Kursmakler von den freien Maklern. Die amtlichen Makler sind am amtlichen Markt, die freien Makler am geregelten Markt oder im geregelten Freiverkehr tätig. Denn auch für die börsengehandelten Wertpapiere gelten Zulassungsvorschriften, und es gibt spezifische Marktsegmente an der Börse, an denen spezifische Wertpapiere gehandelt werden. Und diese Marktsegmente sind eben der amtliche Handel, der geregelte Markt und der geregelte Freiverkehr.
Die Zulassung von Wertpapieren zum amtlichen Handel (juristisch korrekt: zum Börsenhandel mit amtlicher Notierung) regelt der 3. Abschnitt des Börsengesetzes (§§ 36 bis 49). Für den Börsenhandel mit amtlicher Notierung müssen eine Reihe von strengen Haftungs- und Formvorschriften erfüllt werden. Im amtlichen Handel werden vor allem die Aktien großer und wirtschaftlicher sehr potenter Unternehmen gehandelt (Blue-Chips). So muß der Emittent der entsprechenden Wertpapiere nach § 38 Börsengesetz die Rechtsvorschriften der Bundesregierung erfüllen bezüglich der »Voraussetzungen der Zulassung, insbesondere:
a) die Anforderungen an den Emittenten im Hinblick auf seineRechtsgrundlage, seine Größe und die Dauer seines Bestehens;
b) die Anforderungen an die zuzulassenden Wertpapiere in Hinblick aufihre Rechtsgrundlage, Handel barkeit, Stückelung und Druckausstattung;
c) den Mindestbetrag der Emission ...« und vieles andere.
Der Emittent ist verpflichtet, zur Börseneinführung einen Prospekt zu veröffentlichen und gemeinsam mit seiner Bank oder dem Bankenkonsortium für den Inhalt des Prospekts zu haften. Der Zulassungsprospekt muß exakte Angaben zu den Wertpapieren und über den Emittenten enthalten, über sein Eigenkapital und die Ertragslage. Nach § 36 Absatz 3 verlangt das Börsengesetz vom Prospekt, »dem Publikum ein zutreffendes Urteil über den Emittenten und die Wertpapiere zu ermöglichen«. Das zugelassene Unternehmen muß regelmäßige Zwischenberichte und Bilanzen in den Börsenpflichtblättern (Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten für börsennotierte Gesellschaften) veröffentlichen. Außerdem sind Wertpapiere zum amtlichen Handel nur zuzulassen, wenn »keine Umstände bekannt sind, die bei Zulassung der Wertpapiere zu einer Übervorteilung des Publikums oder einer Schädigung erheblicher allgemeiner Interessen führen.« Verlangt wird des weiteren als Voraussetzung für die Zulassung ein haftendes Eigenkapital von mindestens 730.000 Euro.
Kleinere und mittlere Unternehmen können, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen, zum Börsenhandel mit nicht-amtlicher Notierung zugelassen werden, Die Formvorschriften für diesen sogenannten geregelten Markt sind nicht so streng wie beim amtlichen Handel. Die Rechtsvorschriften für den geregelten Markt enthält der 5. Abschnitt des Börsengesetzes (§§71 bis 87, davon §§79 bis 87 aufgehoben). Im Paragraphen 73 heißt es:
»(1) Wertpapiere sind zum geregelten Markt zuzulassen, wenn der Emittent und die Wertpapiere den Anforderungen entsprechen, die für einen ordnungsgemäßen Börsenhandel notwendig sind;
dem Antrag ein vom Emittenten unterschriebener Unternehmensbericht zur Veröffentlichung beigefügt ist, der Angaben über den Emittenten und die Wertpapiere enthält, die notwendig sind, um dem Publikum ein zutreffendes Urteil über den Emittenten und die Wertpapiere zu ermöglichen ...;
keine Umstände bekannt sind, die bei Zulassung der Wertpapiere zu einer Übervorteilung des Publikums oder einer Schädigung erheblicher allgemeiner Interessen führen.«
Die Anforderungen an den Börsenprospekt sind also geringer, es werden keineVeröffentlichungen in Pflichtblättern und keine Zwischenberichte verlangt. Für den Emittenten bei der Ausgabe von Aktien genügt als Mindestkapital 250.000 Euro. Der geregelte Markt verlangt keine Rechtsvorschriften durch die Bundesregierung, sondern er wird in der jeweiligen Börsenordnung normiert. Noch kleinere Aktiengesellschaften können am geregelten Freiverkehr teilnehmen. Die Formvorschriften sind gering, eine Vorlage des Unternehmensberichts beim entsprechenden Freiverkehrsausschuß der jeweiligen Börse reicht aus. Der Paragraph 78 des Börsengesetzes bestimmt hierzu:
»(l)Für Wertpapiere, die weder zum amtlichen Handel noch zum geregelten Markt zugelassen sind, kann die Börse einen Freiverkehr zulassen, wenn durch Handelsrichtlinien eine ordnungsgemäße Durchführung des Handels und der Geschäftsabwicklung gewährleistet scheint.
(2) Preise für Wertpapiere, die während der Börsenzeit an einer Wertpapierbörse im Freiverkehr ermittelt werden, sind Börsenpreise. Börsenpreise sind auch Preise, die sich für die im Freiverkehr gehandelten Wertpapiere in einem an einer Börse durch die Börsenordnung geregelten elektronischen Handelssystem oder an Börsen bilden, an denen nur ein elektronischer Handel stattfindet. Die Börsenpreise müssen die Anforderungen nach §11 Abs. 2 erfüllen.«
Und im § 11 Absatz 2 heißt es zu den Börsenpreisen wie folgt:
»Börsenpreise müssen ordnungsgemäß Zustandekommen. Insbesondere müssen den Handelsteilnehmern Angebote zugänglich und die Annahme der Angebote möglich sein. Vor der Feststellung eines Börsenpreises muß den Handelsteilnehmern die aus Angebot und Nachfrage ermittelte Preisspanne zur Kenntnis gegeben werden ...« Bestimmt wird der amtliche Börsenpreis durch die Kursmakler. Kursmakler ist ein öffentliches Amt, vor Antritt seiner Stellung muß jeder Kursmakler einen Eid leisten. Nach § 30 Börsengesetz kann zum Kursmakler bestellt werden, wer:
» »1. Inhaber oder Geschäftsführer eines Finanzdienstleistungsinstituts oder Geschäftsleiter eines Kreditinstituts ist, wenn das Finanzdienstleistungsinstitut oder Kreditinstitut die Erlaubnis zum Betreiben der Anlagevermittlung und des Eigenhandels hat, und2. die für die Tätigkeit notwendige Zuverlässigkeit und berufliche Eignung hat.«
[Bestellt und entlassen werden die Kursmakler durch die Börsenaufsichtsbehörde (Börsenaufsicht). Aber Börsenkurse werden ebenfalls von den freien Maklern festgestellt, von denen der Handel mit am geregelten oder freien Markt notierten Wertpapieren betrieben wird. Freie Makler, die Börsenpreise am geregelten Markt feststellen, werden als Skontroführer bezeichnet. |Ursprünglich in ein Buch (Skontro) eingetragen, werden die Börsenpreise nun natürlich überwiegend elektronisch erfaßt. Auch die Skontroführer werden von der Börsenaufsichtsbehörde überprüft und bestellt, ihre Bestellung und Identität nüssen dem Bundesaufsichtsamt ßr das Kreditwesen (KAKred) mitgeteilt werden. Neben dem amtlichen Handel, dem geregelten Markt und dem geregelten Freiverkehr gibt es noch eine vierte Form des Wertpapierhandels, den ^geregelten Freiverkehr. Bei dieser Form des Wertpapierhandels werden keine Börsenpreise festgestellt, allein schon, weil der Handel außerhalb der Börse abläuft; daher wird er auch außerbörslicher (vor- und nachbörslicher) Handel genannt. An- und Verkauf der Papiere erfolgen häufig per Telefon oder auf andere Arten der Datenfernübertragung. Im ungeregelten Frei verkehr wird der Handel mit Aktien und Anleihen vor der Börseneinführung abgewickelt, es werden nicht börsennotierte Wertpapiere gehandelt, und der internationale Handel zwischen Partnern an Börsenplätzen, deren Öffnungszeiten erheblich voneinander abweichen, wird häufig außerbörslich abgewickelt. Form-, Zulassungs- und Publizitätsvorschriften sind nicht zu beachten, es ist nicht einmal ein Makler erforderlich.
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