Sowohl zur Vereinfachung der empirischen Erfassung als auch zur Entwicklung realitätsgerechter Theorien hat es sich als zweckmäßig erwiesen, Markttypen zu bilden. Die bekannteste Markttypologie ist das Marktformenschema der mikroökonomischen Preistheorie. Anhand unterschiedlicher Merkmale können folgende Markttypen voneinander abgegrenzt werden: 1) Zutrittsmöglichkeit Von einem geschlossenen Markt spricht man, wenn der Zutritt auf der Angebots- oder Nachfrageseite einem bestimmten Kreis Vorbehalten ist, z. B. Bahn als Anbieter für Beförderungsleistungen oder Staat als Nachfrager für Rüstungsgüter. Die Gründe hierfür können sein: alleinige Verfügungsmacht über einen oder mehrere Produktionsfaktoren durch Monopol, durch Rechtsschutz (patentrechtlicher Schutz, Konzession), durch wirtschaftspolitisches (gesetzliches) Verbot der Marktausweitung oder durch unternehmenspolitische Maßnahmen zum Aufbau von Marktzutrittsbarneren. Diese können auch durch Marketing, z. B. durch hohe Werbeaufwendungen, errichtet werden. Auf einem beschränkten Markt ist eine Teilnahme nur nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen möglich, z. B. Befähigungsnachweis für das Elektroinstallationsgewerbe. Beschränkte und geschlossene Märkte sind immer auch organisierte Märkte. Organisierte Märkte zeichnen sich dadurch aus, dass das Zusammentreffen von Käufern und Verkäufern nach bestimmten festgelegten Regeln erfolgt. Sie sind überwiegend historisch gewachsen und deshalb unsystematisch in unterschiedlichen Rechtsmaterien oder verbindlichen Normen anderer Art anzutreffen. Einschlägig ist v.a. das Gewerberecht. Demgegenüber spricht man von einem offenen Markt, wenn der Marktzutritt jedermann freisteht, wie z. B. beim Buchversand- handel. 2) Vollkommenheitsgrad Eine wichtige theoretische Einteilung der Märkte nach qualitativen Merkmalen ist diejenige in vollkommene und unvollkommene Märkte. Der vollkommene Markt hat hypothetischen Charakter. Er stellt eine gedankliche Konstruktion dar, die einen völlig reibungslosen Ablauf des Marktgeschehens und, v.a. bei entsprechender Organisation des Marktes, eine sehr schnelle Bildung des einheitlichen Marktpreises garantiert (Markt). Ein Markt wird als vollkommen bezeichnet, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: fachliche Gleichartigkeit der Güter (Homogenität und Fungibilität), unendlich schnelle Reaktionsgeschwindigkeit, Nichtvorhandensein räumlicher, zeitlicher, persönlicher oder sachlicher Präferenzen, vollkommene Markttransparenz und Gültigkeit des Handlungsprinzips der Nutzenmaximierung für alle Marktteilnehmer. Als unvollkommen wird ein Markt dann bezeichnet, wenn eine oder mehrere Bedingungen des vollkommenen Marktes nicht erfüllt sind. So wird ein Markt, auf dem heterogene Güter gehandelt werden und die Marktseiten unvollständige Informationen haben, als unvollkommener Markt bezeichnet. Heterogene (nicht homogene) Güter liegen vor, wenn die angebotenen und miteinander konkurrierenden Erzeugnisse sich in Art, Qualität, Ausstattung, Verpackung usw. voneinander unterscheiden. Dabei ergeben sich aus Nachfragersicht auch dann differente Güter, wenn durch besondere Nebenleistungen (guter Kundendienst, Zuverlässigkeit in der Vertragsabwicklung), der Ruf einer Firma oder die Markengeltung selbst bei sachlicher Gleichartigkeit der Erzeugnisse unterschiedlich großer Nutzen entsteht. Von einem temporär unvollkommenen Markt spricht man dann, wenn die Homogenitätsbedingungen erfüllt sind, die Transparenzbedingungen der vollständigen Information beider Marktseiten jedoch nicht. Hier kann man eine allmähliche „Entschleierung“ des an sich vollkommenen Marktes erwarten. 3) Überschreitung von Staatsgrenzen Von einem Binnenmarkt spricht man, wenn sich der Güteraustausch zwischen Wirt- schaftssubjekten innerhalb der Grenzen eines Staates vollzieht. Durch zunehmende Internationalisierung der Wirtschaftstätigkeit und dem Wegfall ökonomischer Grenzbarrieren tritt eine binnenmarktbezogene Mar- keting-Politik zugunsten einer globalen, grenzüberschreitenden Markt(Segmentie- rungs-)Politik in den Hintergrund (Internationales Marketing). Demgegenüber spricht man von einem Exportmarkt, wenn beim Güteraustausch zwischen Wirtschaftssubjekten Staatsgrenzen überschritten werden. In diesem Fall hat die Absatzpolitik die relevanten Gegebenheiten des jewedigen fremdstaatlichen Marktes zu erkunden und in entsprechende Marketing- Konzepte im Rahmen eines Export-Marketing zu überführen. 4) Wirtschaftsstufe Der Absatzmarkt ist eine Bezeichnung der Wirtschaftstheorie und -praxis für den der Produktion einer Wirtschaftsstufe nachgelagerten Markt. Der Absatzmarkt stellt die Verbindung jedes Betriebes zu anderen Wirtschaftseinheiten dar. Auf dem Absatzmarkt tritt der Betrieb als Anbieter von Haupterzeugnissen sowie Neben- und Abfallprodukten auf. Der Absatzmarkt des Verkäufers (Anbieters) ist für den Käufer (N ach- frager) der Beschaffungsmarkt. Die Analyse eines Absatzmarktes muss neben der Produktanalyse auch die Analyse der Absatzorgane und Absatzwege beinhalten. Ferner ist die Gesamtnachfrage durch Bedarfsuntersuchungen zu ermitteln. Schließlich ist die Kenntnis der derzeitigen und künftigen Angebotskraft der Wettbewerber (Konkurrenzanalyse) erforderlich. Mit Beschaffungsmarkt wird der der Produktion vorgelagerte Markt bezeichnet. Auch der Beschaffungsmarkt ist eine Verbin- dung jedes Betriebes zu anderen Wirtschaftseinheiten. Der Beschaffungsmarkt des Käufers (Nachfragers) ist für den Verkäufer (Anbieter) der Absatzmarkt. Auf dem Beschaffungsmarkt tritt der Betrieb als Nachfrager nach Produktionsfaktoren (Arbeit, Betriebsmittel, Werkstoffe), Dienstleistungen und Geldkapital auf (Beschaffungsmarketing). In jedem Betrieb sind i. d.R. drei Beschaffungsstellen vorhanden, so dass jeder Betrieb auf verschiedenen Beschaffungsmärkten tätig ist. So beschafft sich das Unternehmen bspw. auf dem Finanzmarkt (Kapitalbeschaffungsmarkt) die notwendigen finanziellen Mittel. Mit dem Begriff Finanzmarkt wird die Gesamtheit der Märkte, auf denen sich Angebot und Nachfrage nach Finanzmitteln gegenüberstehen, charakterisiert (Allfinanzanbieter). Dabei unterscheidet man zwischen nationalen und internationalen (z. B. Eurodollarmarkt) Finanzmärkten. Auf den internationalen Finanzmärkten haben sog. Marktfonds an Bedeutung gewonnen. Marktfonds ist ein Begriff aus der Bankbetriebslehre. Ausführlich spricht man von einem Geldmarktfonds oder einem Kapitalmarktfonds, beide sind v. a. in den USA eine verbreitete Form der Geldanlage. Sie werden von Broker-Firmen, anderen Finanzinstitutionen und sogar von Kaufhäusern aufgelegt. An Geldmarktfonds können sich auch private Kleinanleger beteiligen. Bei Kapitalmarktfonds allgemein stellen die Anleger Geld für die unterschiedlichsten Unternehmenszwecke zur Verfügung, das dann nach bestimmten Fonds-Grundsätzen als Fonds- Vermögen angelegt wird. Da alle Finanzmärkte der Anlage bzw. Beschaffung finanzieller Mittel dienen, bestehen enge Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Teilmärkten, die sich in einer weitgehend parallelen Zins- und Kursentwicklung nieder- schlagen. Die Untersuchung des Anbieter- und Nachfragerverhaltens auf diesen Märkten ist Gegenstand der Finanzmarkttheorie. Die Beschaffung der Arbeitskräfte erfolgt auf dem Personalbeschaffungsmarkt(Personalmarketing). 5) Legalität Ursprünglich bürgerte sich der Begriff des grauen Marktes (geduldeter Markt) für den Warenverkauf unter Umgehung der vertikalen Preisbindung ein. Heute steht der Begriff generell für Direktverkäufe (Direktabsatz) der Industrie und des Handels (unter Umgehung herkömmlicher Handelsstufen, insb. des Einzelhandels, zwecks Einsparung einer oder mehrerer Handelsspannen) an den Letztverbraucher, und für Verkäufe des Einzelhandels an Letztverbraucher mit Preisnachlässen, die höher sind als die zulässigen Mengenrabatte und Barzahlungsrabatte (Rabattpolitik) von 3 %. In der Literatur werden die Begriffe „Umgehungshandel“, „Beziehungshandel“ und „Direktverkauf“ teilweise synonym verwendet. Der Terminus grauer Markt umfaßt folgende preisgünstige Beschaffungswege der Letztverbraucher: a) Betriebshandel: Bezug von Waren durch die Unternehmung und Verkauf an die Belegschaft zum Einstandspreis oder zu einem Preis, der geringfügig darüber liegt. b) Belegschaftshandel: Non Belegschaftsmitgliedern während der Arbeitszeit organisierter verbilligter Warenbezug und Warenverkauf nicht unternehmensspezifischer Waren. c) Behördenhandel: eine dem Belegschaftshandel vergleichbare Handelstätigkeit von Behördenangestellten während der Dienstzeit und innerhalb der Amtsräume (z. B. verbilligte Sammelbestellung). d) Beziehungshandel: gelegentlicher oder ständiger Direktverkauf insb. von Herstellern oder Großhändlern an Letztverbraucher aufgrund besonderer Verbindungen dieser zu Mitarbeitern (Verwandte, Bekannte, Geschäftsfreunde), aber auch ohne solche Beziehungen (z. B. Einkauf der Verbraucher bei C&C-Märkten). Im Gegensatz zum grauen Markt, der durchaus nicht außerhalb der Legalität stehen muß, ist ein schwarzer Markt ein ungesetzlicher, ein illegaler Markt. Er entsteht insb. in Notzeiten mit Bewirtschaftung und Kontingentierung. Knappe Waren werden illegal und meist zu überhöhten Preisen gehandelt 1) Durchsetzbarkeit der Interessen Von einem Käufermarkt wird dann gesprochen, wenn im Transaktionsprozeß der Nachfrageseite gegenüber der Angebotsseite ein Übergewicht zugeschrieben wird, d. h. wenn sich die Ziele der Nachfrager eher, leichter oder besser realisieren lassen als die der Anbieter. Die Anbieter müssen tendenziell erheblich größere Anstrengungen als die potentiellen Nachfrager unternehmen, um am Marktgeschehen erfolgreich teilnehmen zu können (z. B. in vielen Märkten der Industrieländer). Generell kann man formulieren: Ein Angebotsüberschuß (Nachfragedefizit) und damit die Voraussetzung für einen Käufermarkt entsteht, wenn das Angebot schneller wächst (langsamer sinkt) als die Nachfra- ge. Von einem Verkäufermarkt wird dann gesprochen, wenn der Angebotsseite gegenüber der Nachfrageseite ein Übergewicht an Einfluß zugeschrieben wird, d. h. die Ziele der Anbieter sich eher, leichter oder besser als erwartet realisieren lassen. Die Nachfrager müssen tendenziell erheblich größere Anstrengungen als die potentiellen Anbieter unternehmen, um am Marktgeschehen teilnehmen zu können. Generell kann man formulieren: Ein Nachfrageüberschuß (Angebotsdefizit) und damit die Voraussetzung für einen Verkäufermarkt entsteht, wenn die Nachfrage schnellerwächst als das Angebot. In einem solchen Fall verkörpert nicht der Absatz wie beim Käufermarkt den Engpaß für den Unternehmenserfolg, sondern die Produktionskapazität. 2) Art der Marktteilnehmer Je nach Art der Marktteilnehmer lassen sich nach Ph. Kotier Ö-, P-, W- und K-Märkte voneinander unterscheiden. Der O-Markt besteht aus allen Organen der öffentlichen Verwaltung - des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Kreise - die zum Zweck der Erfüllung der Hauptfunktionen der öffentlichen Verwaltung Güter einkaufen oder mieten. Das Beschaffungsverhalten solcher Organisationen ist ein Sonderfall des organi- sationalen Kaufverhaltens und erfordert besondere Absatzmaßnahmen seitens der Anbieter, v. a. im Bereich der Preispolitik. Der P-Markt („Producer Market“, „Industrial Market“, „Business Market“) besteht aus Unternehmen, die Güter und Dienstleistungen mit dem Ziel erwerben, selbst Produkte oder Dienstleistungen hervorzubringen, die an andere verkauft oder vermietet werden. Neben dem O-Markt bildet dieser Markt der gewerblichen Abnehmer einen zweiten wichtigen Nachfragerbereich, bei dem nicht Private als Käufer auftreten, sondern eben Unternehmen. Die Gewinnung solcher Käufer ist Aufgabe des Investitionsgütermarketing. Der W-Markt besteht aus Unternehmen, die Güter zum Zweck der Gewinnerzielung durch Weiterverkauf erwerben (Groß- und Einzelhandelsunternehmen). Statt Sachnutzen produziert der W-Markt Zeit-, Ort- und Besitznutzen. Wiederverkäufer erwerben Güter für den Weiterverkauf sowie Hilfsgü- ter und Dienstleistungen, die sie zur Erfüllung der Weiterverkaufsfunktion benötigen. Die Gewinnung solcher Nachfrager ist Aufgabe des handelsgerichteten Marketing der Produzenten. Allen drei Märkten ist gemein, dass sie von Organisationen gebildet werden und deswegen auch unter dem Oberbegriff O-Markt zusammengefaßt werden. Im Gegensatz zu den Ö-, P- und W-Märkten besteht der K-Markt aus allen Einzelpersonen und Haushalten, die Güter und Dienstleistungen für den persönlichen Bedarf kaufen. Daraus folgt, dass sich die K-Märkte von den O-Märkten auch im Hinblick auf Kaufobjekt, Kaufanlaß, Kaufakteur, Kaufzielund Kaufpraktik unterscheiden. K-Märkte werden nach verschiedenen Marktsegmentie- rungskriterien weiter unterteilt, z. B. in Senioren- bzw. Jugendmarkt o.ä. Zielgruppen.
Literatur: Kotier, Pb., Marketing-Management, 4. Aufl., Stuttgart 1982.
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