aus dem angelsächsischen Sprachgebrauch i.S.v. Absatzwirtschaft verwandter Begriff für die Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen und potentiellen MärkteausgerichtetenUnternehmensaktivi- täten mit dem Ziel der Verwirklichung der Unternehmensziele im gesamtwirtschaftlichen Güterversorgungsprozeß durch eine dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse (klassische ökonomische und engere Definition des Marketing). Für dieses managementorientierte Verständnis des Marketingbegriffes sind acht Merkmaletypisch: - Philosophieaspekt - Verhaltensaspekt - Informationsaspekt - Strategieaspekt - Aktionsaspekt - Segmentierungsaspekt - Koordinations- bzw. Organisationsaspekt - Sozialaspekt. Der Philosophieaspekt des Marketing kommt durch den Wandel der fünf verschiedenen Orientierungsphasen der -*Marketingtheorie in der Marketing-Geschichte zum Ausdruck. In der Phase der Produktionsorientierung der Wirtschaft in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dominierten in einer Verkäufermarktsituation Fragestellungen der zu verwirklichenden Massenproduktion. Um die Jahrhundertwende legte die Distributionsorientierung den Problemfocus auf die systematische Vermarktung zunächst vorwiegend landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Erst der Wandel der Verkäufer- zu Käufermärkten führte in den 60 er Jahren zu einer bewussten Absatz- und Kunden- orientierung als Merkmal eines „modernen“ Marketingverständnisses. Die Stagnation zahlreicher Märkte und ein geändertes Kunden- und Umweltverhalten führten schließlich in den 80 er Jahren dazu, den Focus der Marktbearbeitung nicht nur auf den Kunden, sondern in einer langfristigen Orientierung auf alle Marktpartner wie Wettbewerber, Handel und die allgemeine Umwelt auszurichten (Phase des strategischen Marketing). In den o.g. Entwicklungsphasen hat sich auch das Anspruchsspektrum des Marketing mehrfach geändert und ausgeweitet (vgl. Abb. 1). Während in der Distributionsphase das Marketing bereits stark durch ein funktionales Denken geprägt war, führte die auf den Absatzmärkten in den 60 er Jahren sich abzeichnende „Nadelöhrsituation“ zu einer Interpretation des Absatzmarketing als „dominante Engpaßsituation“. Die Energieversorgungskrisen und Technologieumbrüche in den 70 er Jahren veränderten den vom Marketing beanspruchten „Geltungsbereich“ abermals in eine mehr integrierende unternehmensbezogene Denkhaltung. Gleichzeitig fand der Gedanke des Beschaffungsmarketing zunehmend Beachtung. In den 80 er Jahren kam es zu Ansätzen des Gleichgewichts - oder des Balanced Marketing, welches versucht, die unterschiedlichen Engpässe der unternehmenseigenen Aufgabenumwelt (Absatz- und Beschaffungsmärkte) mit jenender weiteren Umwelt (z. B. Öffentlichkeit) zum Ausgleich zu bringen. Anfang der 90 er Jahre hat in Marketingwissenschaft und -praxis die Meinung Verbreitung gefunden, ein ausgeprägtes funktionales Verständnis des Marketing mit einem Verständnis des Marketing als Unternehmensphilosophie synthetisch zu verbinden und Marketing als ein duales Konzept der marktorientierten Unternehmensführung zu interpretieren. Dabei wird Marketing einerseits als Leitkonzept des Management verstanden, andererseits als gleichberechtigte und in Engpaßsituationen ausgleichende Unternehmensfunktion, die es im Rahmen des Marketing-Management-Prozesses umzusetzen gilt (vgl. Abb. 2). Der Verhaltensaspekt des Marketing beschreibt die Notwendigkeit, bei allen marktgerichteten Aktivitäten die für die Unternehmung relevanten Umweltschichten (Käufer, Absatzmittler, Konkurrenten, Staat u. a.) zu erfassen, im Rahmen der Marktforschung zu beobachten und ihre Verhaltensmuster zu analysieren. Dabei bedingt die verhaltenswissenschaftliche Orientierung (Marketing-Theorie; Käuferverhalten) eine stark interdisziplinäre Ausrichtung des Marketing. Der Informationsaspekt des Marketing spiegelt sich in der schöpferisch-gestaltenden Funktion der systematischen Marktsuche und -erschließung wider. Flierzu gehört die planmäßige Erforschung der Beschaffungsund Absatzmärkte, der Marktpartner und der allgemeinen Öffentlichkeit mit Hilfe der Marktforschung als Voraussetzung für ein künden- und wettbewerbsgerechtes Verhalten. Der Strategieaspekt kommt im Marketing durch die Festlegung marktorientierter Unternehmensziele (Marketingziele) und Marketing-Strategien zum Ausdruck, die den Entwurf eines längerfristig, auf die Marktteilnehmer (Konsumenten, Handel und Wettbewerber) und die relevante Umwelt (Öffentlichkeit, Staat) ausgerichteten Verhaltensplanes sowie die Akzentsetzung bei der Auswahl und Bearbeitung von Märkten darstellen. Der Aktionsaspekt des Marketing stellt eine konsequente Fortsetzung des Strategieaspektes auf einer operativeren Stufe dar (Operatives Marketing). Er umschreibt die durch das Marketing intendierte planmäßige Gestaltung des Marktes durch einen ziel- adäquaten Einsatz der Marketing-Instru- mente und Harmonisierung dieser im Marketing-Mix. Im Mittelpunkt stehen dabei die Produkt-, Distributions-, Kontra- hierungs- und Kommunikationspolitik (im angelsächsischen# „P“ = £roduct,£lace,£ri- ce,£romotions). Der Segmentierungsaspekt des Marketing beinhaltet (mit Ausnahme spezifischer Wettbewerbssituationen) die Anwendung des Prinzips der differenzierten Marktbearbeitung (Marktsegmentierung). Ausgehend von einer vorzunehmenden Marktabgrenzung ist der Gesamtmarkt jeder Unternehmung nach bestimmten Kriterien in Segmente bzw. Zielgruppen zu zerlegen, die wiederum die Grundlage für eine intensitätsmäßig abgestufte bzw. selektive Marktbearbeitung bilden. Der Koordinations- bzw. Organisationsaspekt des Marketing verlangt die Integration aller marktgerichteten Unternehmensaktivitäten. Es gilt, die verschiedenen Marketingaktivitäten zu koordinieren und mit den übrigen Unternehmensfunktionen
im Hinblick auf die Markterfordernisse abzustimmen (Strategisches Marketing). Dabei sind der Entwurf und die Durchsetzung der Marketing-Strategien und Mar- keting-Maßnahmen in einer Marketing- Konzeption nicht nur institutioneil in der Marketing-Organisation als Teil der Unternehmensorganisation zu verankern; vielmehr müssen auch effiziente Systeme des Marketing-Controlling und eine adäquate Marketingkultur die marktorientierte Ausrichtung des Unternehmens sicherstellen (Unternehmenskultur). Der Sozialaspekt des Marketing besagt, dass Marketingentscheidungen in größere soziale Systeme einzuordnen sind. Durch seine Berücksichtigung soll insb. den Forderungen der Konsumerismus- und Umweltschutzbewegungen Rechnung getragen werden. Es wird ein verändertes sozial und ökologisch verträgliches Marketingverhalten gefordert, bis hin zum ökologischen Marketing und zum sog. Sozio-Marketing. Letzteres will zum Abbau möglicher „dysfunktionaler Wirkungen“ oder „externer Effekte“ von Marketingaktivitäten im Rahmen einer ge- samtwirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Ana- lyse beitragen. Der Sozialaspekt hat im Marketing auch zu einer Ausweitung der Marketing-Inhalte im Rahmen der „Vertiefung des Marketing“ („Deepening“) geführt. So fordern Ansätze wie das „Human Concept of Marketingdas Social- oder das Ökologische Marketing durch Neubestimmung der Zielinhalte eine Überwindung der vornehmlich gewinn- und rentabilitätsdominanten Marketing-Konzeptionen bis hin zur Umkehrung des outputsteigernden Prinzips des Marketing in Form des sog. Demarketing (s.a. Marketingethik). Darüber hinaus ist der Gegenstandsbereich des Marketing auf nichtkommerzielle Transaktionen („Broadening“) ausgeweitet worden. Es wird dabei versucht, den Grundgedanken der Beeinflussung bzw. Steuerung von Austauschprozessen zwischen Marktpartnern auf öffentliche (Marketing für öffentliche Betriebe) und soziale (Social Marketing) sog. „non-profit“-Unternehmen (Non- Business-Marketing) und ihre spezifischen Aufgaben (z.B. Theater, Museen, Krankenfürsorge) sowie die Vermittlung von Ideen, Meinungen und Normen (z. B .Verbraucherund Umweltschutz) im Rahmen eines So- zio-Marketing zu übertragen. Diese Interpretation führt zu einem universellen Konzept der Marktbeeinflussung und zu einem generischen Verständnis des Marketing als Sozialtechnik (Generic marketing). Auf dieser Basis versteht sich auch das in die eigene Unternehmensinnenwelt gerichtete Interne Marketing. Die Verwirklichung der verschiedenen Aspekte des kommerziellen und nicht-kom- merziellen Marketing wird durch ein umfassendes Konzept des Marketing-Management zu erreichen versucht. Sämtliche Aktivitäten des Marketing-Management werden dabei als Prozeß der Willensbildung und Willensdurchsetzung (Managementprozeß) charakterisiert. Er besteht aus den Phasen der Analyse, Planung, Motivation, Koordination und Kontrolle, wobei diese mit Rückkoppelungsschleifen verbunden sind (vgl. Abb. 3). In der Änalysephase geht es darum, die relevanten Probleme strategischer und operativer Art zu erkennen und die wesentlichen Elemente des Marketing-Systems (Kunden- Konkurrenz-Handel) sowie des eigenen Unternehmens im Hinblick auf die Stärken und Schwächen zu untersuchen (Frage: Wo stehen wir?). Im Rahmen der Proenosephase sind die relevanten Marketingfaktoren zu prognostizieren (Absatzprognose), um Zukunftschancen zu entdecken und -bedrohungen zu erkennen. Von besonderem Interesse sind dabei insb. Trends im Kunden- und Konkurrenzverhalten sowie die Vorhersage allgemeiner Umwelt-, Markt- und Absatzentwicklungen (Frühwarnsysteme) (Frage: Wohin geht die Entwicklung ?). In einem dritten Schritt sind die langfristigen Unternehmens- und daraus Marketingziele festzulegen. Im Mittelpunkt steht die Formulierung einer Unternehmensphilosophie, die Generierung eines Marketing- Leitbildes und die Formulierung von Marketing-Oberzielen. Der vierte Schritt, die Phase des strategischen Marketing, umfaßt die Marktabgren- zungunddieW ahl der Marktsegmente sowie die Festlegung grundlegender Verhaltensweisen gegenüber Wettbewerber, Handel und Kunde, woraus sich die Akzentuierung bei der Programmgestaltung und beim Einsatz der Marketinginstrumente ergibt. (Frage: Was wollen wir erreichen, und welche grundlegenden Stoßrichtungen sind bei der Marktbearbeitung zu verfolgen?). Das strategische Marketing gibt den Orientierungs- ranmen für das operative Marketing, d.h. für die kurzfristigen bzw. taktischen Marketingentscheidungen. Ausgehend von operativen Marketing-Subzielen (Zielsystem) ist das Marketing-Mix zu konzipieren. (Frage: Welche Maßnahmen ergreifen wir im Produkt-, Distributions-,Kommunikations-, Preis- und Konditionenmix?). In der letzten Phase ist die Realisation bzw. Durchsetzung der Strategien und des Marketing-Mix sicherzustellen. Es sind Überlegunen hinsichtlich der effizienten Mar- etingorganisation, der Führungskonzepte (Marketing-Koordination) und des Marketingcontrolling zu beantworten. (Frage: Haben wir unser Ziel erreicht? Welche Ursachen für Soll-Ist-Abweichungen bestehen? Welche Ziel- und Maßnahmenanpassungen sind notwendig?). Das Marketing und seine Umsetzung im Marketing-Management-Prozeß hat breite AnwendungimBereich erwerbswirtschaftlicher Unternehmungen gefunden. Dabei ist den Besonderheiten im Konsumgüter-, Investitionsgüter- und Dienstleistungsmarketing besonders Rechnung zu tragen („ sektorales Marketing“; vgl. Abb. 4).
Das Konsumgütermarketing („klassisches Massenmarketing“) richtet sich an die Endstufe des Wirtschaftsprozesses, d. h. an den privaten Konsumenten bzw. Verwender. In mehrstufigen und indirekten Vertriebssy- stemen sind verschiedene Ausprägungsformen des Konsumgütermarketing zu unterscheiden. Beim konsumentengerichteten Konsumgütermarketing liegt die Akzentuierung der zumeist indirekten Marktbearbeitung auf der Ebene der Konsumenten bzw. Produktverwender mit dem Ziel, durch den Konsumenten beim Handel einen Nachfragesog auszulösen (Pull-Marketing). Demgegenüber versucht das handelsgerichtete Konsumgütermarketing durch Aktivitäten des Herstellers auf der Handelsebene durch aktiven Verkauf bzw. Schaffung von Anreizen einen Angebotsdruck (Push-Marketing) zu erzeugen. Dem vertikalen Marketing für Konsumgüter liegt der Leitgedanke zugrunde, dass eine ganzheitliche Analyse und Abstimmung der sämtliche Distributionsstufen umfassenden Marketingaktivitäten eine bessere Ausschöpfung der Produktverwender bzw. Endkäufernachfrage erlaubt. Gewisse Besonderheiten ergeben sich für kleinere Unternehmen (Mittelstands- Marketing). Das Investitionsgütermarketing befaßt sich im weitesten Sinne mit der Vermarktung und dem Wiedereinsatz von Produktionsfaktoren, die in Industriebetrieben bzw. Organisationen zum Einsatz gelangen. Aufgrund der Besonderheiten des Investitionsgütermarketing (rationale Kaufentscheidung, Kaufentscheider als Buying- center etc.) wird die Kundenorientierung vielfach durch eine Technologieorientierung ergänzt bzw. erweitert. Der nachfrageorientierten Vorgehensweise (demand pull) wird v. a. in Märkten mit hoher Innovationsdyna- mik die entgegengerichtete angebotsorientierte Konzeption (technology push) gegenübergestellt. Investitionsgütermarketing wird darüber hinaus häufig als Problem des geplanten Wandels von Organisationen interpretiert, wobei den Trägern und Phasen organisationaler Beschaffungsentscheidungen besonderes Interesse gilt (Organisationsentwicklung). Schließlich spielt in diesem Sektor das Nachkaufmarketing eine große Rolle als Wettbewerbsfaktor. Das Dienstleistungs- oder Servicemarke- fzrcgumfaßt zahlreiche Ansätze der Vermarktung des breiten und heterogenen Spektrums immaterieller Leistungen (Bank-, Bausparkassen-, Versicherungs-, Verlags-, Fremdenverkehrs-Marketing, Marketingfür freie Berufe etc.). Ausgehend von den Besonderheiten des Angebots von Dienstleistungen (Immaterialität, Nicht-Lagerfähig- keit, Personalintensität etc.) sind spezifische Strategien des Dienstleistungsmarketing (z.B. Personalisierungs- und Automatisierungs-Strategien) entwickelt worden. B esondere B edeutung erlangen im D ienstlei- stungsmarketing Fragen der Integration des Kunden („externer Faktor“) in den Erstellungs- und Absatzprozeß sowie die Sicherstellung einer adäquaten Dienstleistungsqualität. Die Anwendungsbereiche und Ausprägungsformen der verschiedenen Formen des sektoralen Marketing sind nicht überschneidungsfrei. Einerseits bestehen die verschiedenen Angebote z.T. aus Produkt- und Servicekomponenten, andererseits werden sie konsumtiv und investiv verwendet (vgl. Abb. 4). Positioniert auf einem Kontinuum mit den Polen — indirektes, mehrstufiges Massenmarketing und - direktes, einstufiges Individualmarketing nimmt das Dienstleistungsmarketing eine gewisse Mittelstellung ein, während das Investitionsgütermarketing eher direkte, einstufige und das Konsumgütermarketing indirekte, mehrstufige Marktbearbeitungs- charakteris tika aufweist. Darüber hinaus läßt sich ein nicht unerheblicher gemeinsamer Bereich des sektoralen Marketing als „klassisches Marketing“ heraussteilen.
Literatur: Becker, J., Grundlagen der Marketing- Konzeption, 4. Aufl., München 1992. Diller, H. (Hrsg.), Marketingplanung, München 1980. Mef- fert, H., Marketing. Einführung in die Absatzpolitik, 7. Aufl., Wiesbaden 1989. Nieschlag, R.; Dichtl, E.; Hörschgen, H., Marketing, 16. Aufl., Berlin 1991. Steffenhagen, H., Marketing. Eine Einführung, 2. Aufl.,Stuttgart u. a. 1991. Tietz, B., Marketing, 2. Aufl., Düsseldorf 1989.
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